To-do-Liste zur Vermeidung eines Liquiditätsengpasses wegen des Corona-Virus
von Steuerberater Günter J. Stolz/Neustrelitz, Fachautor und Chefredakteur 'steuerberater intern'
Wurde Ihr Geschäft oder ein Betrieb aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen oder bleiben Ihre Kunden aus Angst vor der Pandemie aus oder bleiben aus sonstigen Gründen Ihre Einnahmen aus, sollten Sie als Inhaber oder Geschäftsführer einen möglichst kühlen Kopf bewahren und erforderliche Schritte – trotz aller derzeitigen Hektik– in Ruhe planen. Dabei sollten die nachfolgenden Punkte bedacht werden:
Einen möglichen Liquiditätsengpass beziffern
Stellen Sie zusammen, welche Mittel im laufenden und den folgenden drei Monaten benötigt werden, um alle laufenden Kosten zu tragen und eventuell bereits aufgelaufenen Verbindlichkeiten zu tilgen. Dabei dürfen weder notwendige Privatentnahmen noch außerplanmäßige und unregelmäßig auftretende Zahlungen wie etwa Steuervorauszahlungen, Nebenkostennachzahlungen oder Sondergratifikationen für Mitarbeiter übersehen werden. Eventuell schauen Sie hierzu auch in die Buchhaltung des letzten Jahres. Wenig hilfreich ist es, Kosten unberücksichtigt zu lassen oder Zahlen „kleinzurechnen“. Dem so ermittelten Finanzbedarf sind die voraussichtlichen Einnahmen des Betrachtungszeitraums und vorhandene Liquiditätsreserven gegenüberzustellen. Für den sich ergebenden Fehlbetrag muss zeitnah eine Lösung gefunden werden.
Fördermittelanträge stellen, Stundungen beantragen
Je nach Bundesland gibt es unterschiedliche Fördermöglichkeiten durch nicht zurückzahlbare Zuschüsse oder zinslose Kredite. Diese sind je nach Bundesland in unterschiedlicher Form zu beantragen und zu stellen. Auskünfte hierüber gibt Ihnen Ihr Steuerberater, gegebenenfalls auch Ihre Kammer oder Innung. Für fällige Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge können Sie oder Ihr Steuerberater eine Stundung beim Finanzamt bzw. dem Sozialversicherungsträger beantragen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann sogar die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung gemindert oder erstattet bzw. mit Steuerrückständen verrechnet werden. Sollten bereits Steuerrückstände bestehen, die sich in Beitreibung befinden, kann bei der Vollstreckungsstelle des Finanzamtes unter Hinweis auf die durch die Coronakrise eingetretene Situation Vollstreckungsaufschub beantragt werden.
Gläubiger informieren und Zahlungserleichterungen vereinbaren
Informieren Sie alle Gläubiger über Ihre derzeitige Situation und beantragen Sie Zahlungserleichterungen bzw. Stundungen. Dies betrifft Vermieter, Lieferanten, Banken, Leasinggeber usw. Häufig befinden sich diese ebenfalls in einer schwierigen finanziellen Situation und können Ihnen eventuell nur eingeschränkt entgegenkommen. In aller Regel wird man jedoch zumindest für eine gewisse Zeit auf Mahnungen, außerordentliche Kündigungen oder andere nachteilige Maßnahmen verzichten.
Kurzarbeitergeld beantragen/Arbeitnehmer entlassen
Gegenwärtig können Sie zu erleichterten Konditionen Kurzarbeitergeld beantragen. Ihre Arbeitnehmer erhalten dann 60 bzw. 67 % des bisherigen Nettogehalts. Grundsätzlich können Sie dieses aufstocken. Die Entlassung von Mitarbeitern sollte nur als allerletztes Mittel in Betracht gezogen werden. Sie müssen nämlich damit rechnen, dass ein jetzt in der Krise gekündigte Arbeitnehmer nicht mehr zu Ihnen ins Unternehmen zurückkehrt, wenn Sie wieder Arbeitnehmer benötigen. Ist eine Kündigung jedoch unausweichlich, so dürfen Sie diese nicht auf die lange Bank schieben. Hierdurch fallen zwangsläufig weitere Kosten an.
Die Länge der Krise nicht unterschätzen
Niemand weiß, wie lange die pandemiebedingten Einschränkungen gelten. Pessimisten gehen von mehreren Monaten aus. Doch selbst wenn Ihr Geschäft wieder geöffnet werden darf, sind die Schwierigkeiten nicht zu Ende. Mancher Kunde wird nach der Krise nicht zurückkehren, falls er sich zwischenzeitlich zum Onlinehandel orientiert hat oder ihm zunächst die finanziellen Mittel für den bisherigen Konsum fehlen. Trotz gegenteiliger oder sonstiger Zusagen ist es auch möglich, dass sich Ihre Mitarbeiter anderweitig orientieren. Auch nach der Wiedereröffnung kann es mehrere Wochen dauern, bis das Geschäft wieder „rund“ läuft.
(Nur) Über ernsthafte Alternativen nachdenken
Jede Krise kann auch die Chance für Veränderungen sein. Eine Zwangspause kann daher auch genutzt werden, das bisherige Geschäftsmodell zu hinterfragen. Es kann geprüft werden, welche Bereiche oder welches Warensortiment bisher lukrativ waren und was Ihnen schon immer Sorgen bereitet hat. Eine Straffung des Warensortiments, eine Veränderung von Öffnungszeiten oder eine völlige Veränderung der Preisstruktur können das Ergebnis Ihrer Überlegungen sein. Müssen Sie Ihr Geschäft oder Ihren Betrieb schließen, können Lieferdienste, Onlinebestellungen oder der Außer-Haus-Verkauf helfen, die Verluste zu minimieren. Eine echte Alternative zur bisherigen Tätigkeit stellen sie in vielen Fällen nicht dar. Sie sollten deshalb in diesen Bereich nur in eingeschränktem Umfang Energie und Geld investieren
Chefredakteur