DATEV-CEO Mayr: Die Arbeit der steuerberatenden Berufe sollte als volkswirtschaftlich relevante Dienstleistung eingestuft werden
Die DATEV eG ist das Softwarehaus und der IT-Dienstleister für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte sowie deren zumeist mittelständische Mandanten. Das Unternehmen zählt zu den größten IT-Dienstleistern und Softwarehäusern in Deutschland und betreut mit knapp 8.000 Mitarbeitern rund 350.000 Kunden. Dr. Robert Mayr ist seit April 2016 Vorstandsvorsitzender der DATEV eG.
markt intern: Herr Mayr, die Politik spricht sich permanent für unbürokratische Lösungen aus, gerade auch, was die Gewährung von Steuerstundungen oder die Herabsetzung von Steuervorauszahlungen betrifft. Haben Sie bereits Rückmeldungen aus der Praxis, wie es Ihren Mitgliedern zurzeit so ergeht?
Dr. Robert Mayr: Wir begrüßen ausdrücklich die enormen Anstrengungen der Bundesregierung und der Länder zur Bewältigung der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen und zur Abmilderung der zu erwartenden massiven wirtschaftlichen Folgen. Wir hören natürlich jeden Tag von unseren Mitgliedern, vor welchen Herausforderungen sie aktuell stehen. Nicht nur mit Blick auf die Aufrechterhaltung des eigenen Kanzleibetriebs und die anstehenden Themen mit der Finanzverwaltung, sondern vor allem auch mit Blick auf die großen Sorgen und Nöte ihrer Mandanten. Ein genaueres und repräsentativeres Bild können Ihnen hier vermutlich die Kammern oder Verbände geben. Wir sehen unsere Aufgabe als genossenschaftlicher IT-Dienstleister des Berufsstands darin, unseren Mitgliedern so gut und passgenau wie möglich konkret in dieser Ausnahmesituation zu helfen.
mi: Wie können Sie helfen und was tun Sie konkret?
Mayr: Zunächst einmal sind schnelle und transparente Informationen zu allen wichtigen Entwicklungen entscheidend! Unmittelbar nach Klarwerden des Ausmaßes der durch das Corona-Virus ausgelösten gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen, haben wir Maßnahmen eingeleitet und gezielt Task Forces gebildet. Unser erster Schritt war, unter Leitung unseres Außendienstchefs Stefan Meisel – und natürlich unter ständigem Austausch mit meinen Kollegen und mir im Vorstand – einen unmittelbaren und direkten Wissensaustausch zu etablieren. Auf der neuen Internetseite www.datev.de/corona haben wir alle wichtigen Informationen zu Corona gebündelt: Wie unterstützt die DATEV ihre Mitglieder und deren Mandanten? Wie sehen die aktuellen Regelungen zum Kurzarbeitergeld aus? Welche Fördermittel und -wege gibt es? Welche nützlichen Tipps und Lernangebote gibt es? Außerdem können sich unsere Mitglieder in unserer Community auch direkt über ihre Erfahrungen austauschen. Und zu Anfang dieser Woche haben wir einen Notfallkontakt eingerichtet, über den sich Kanzleien in akuten, durch die Corona-Krise bedingten Notsituationen an uns wenden können, damit ihnen schnell und unbürokratisch geholfen wird. Außerdem arbeiten wir an Notfallprozessen für Kanzleien, um beispielsweise die Weiterführung von Lohn-Abrechnungen, Rechnungsschreibungen sowie den Fibu-Prozess sicherzustellen.
mi: Stellen Sie derzeit eine erhöhte Nachfrage der Steuerberatungskanzleien bei solchen Angeboten fest? Wie sehen diese aus?
Mayr: Für die steuerberatenden Berufe ist es in diesen Tagen besonders anspruchsvoll, über die mit hohem Tempo von den Gesetzgebern umgesetzten rechtlichen Regelungen auf dem Laufenden zu bleiben und zu erfahren, wie sie diese konkret für ihre mittelständischen Mandanten nutzen können. Deshalb ist die Nachfrage nach den entsprechenden Informationsmedien und Arbeitshilfen besonders hoch. Unter anderem werden Online-Seminare, Lernvideos und E-Books dazu angeboten, wie sich etwa das Kurzarbeitergeld in DATEV-Software zur Lohnabrechnung einrichten lässt. Teilweise werden diese Werkzeuge von uns vorübergehend auch ohne Berechnung zur Verfügung gestellt. Wir versuchen auch zu zeigen, wie sich die Finanzbuchführung und die Einkommensteuererklärung selbst ohne physischen Mandantenkontakt erledigen lassen und welche Tools bei der Beratung von Unternehmen rund um die Beantragung von staatlichen Förderdarlehen und finanziellen Hilfen unterstützen. Außerdem geben wir zahlreiche Tipps und Hinweise zum Notfallmanagement und beispielsweise zur Beantragung einer zinslosen Stundung von Steuern sowie zur Herabsetzung von Steuervorauszahlungen.
mi: Welche Rolle spielen Steuerberatungskanzleien in der Coronakrise?
Mayr: Allein über DATEV-Systeme werden in Deutschland jeden Monat im Durchschnitt 13,5 Millionen Lohnabrechnungen für Arbeitnehmer erstellt und unsere Mitglieder betreuen rund 2,5 Millionen Unternehmen, Kommunen, Verbände und Institutionen. Daher wenden sich während der Corona-Pandemie nun erst recht Unternehmen an die steuerberatenden Berufe als primäre Anlaufstelle, wenn es um die Beantragung von Kurzarbeitergeld, um Hilfsmaßnahmen oder um die Sicherstellung der Liquidität ihrer Mandanten oder um mehr geht. Deshalb halten wir es im Übrigen auch für erforderlich, die Arbeit der steuerberatenden Berufe als das einzustufen, was sie ist: eine volkswirtschaftlich relevante Dienstleistung. So kann gewährleistet werden, dass im Falle möglicher weiterer Verschärfungen der Ausgangsbeschränkungen bzw. -sperre Kanzleimitarbeiter weiter uneingeschränkt auch in ihren Kanzleien arbeiten und so ihre zentrale Rolle für die Weiterführung von insbesondere kleinen und mittelständischen Betrieben ausfüllen können.
mi: Können Sie eine grobe Zahl nennen, in welcher Höhe die Unternehmen voraussichtlich durch die Coronakrise belastet werden?
Mayr: Die sich aktuell abzeichnenden Auswirkungen sind in jedem Fall gravierend. Heute dazu eine Abschätzung abzugeben, die morgen nicht schon überholt sein könnte, ist praktisch unmöglich. Entscheidend aus meiner Sicht ist daher, die wirtschaftlichen Auswirkungen – bei allem gebotenen Gesundheitsschutz und den entsprechenden Maßnahmen, hinter denen wir ebenfalls uneingeschränkt stehen – so gering wie möglich zu halten. Dazu wollen wir beitragen und deshalb helfen wir unseren Mitgliedern – Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte – mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln, in dieser außerordentlich schwierigen Situation ihren Aufgaben und ihrer Verantwortung für ihre Mitarbeiter und Mandanten bestmöglich gerecht zu werden. Dafür stehen wir als genossenschaftliche Gemeinschaft mit gut 40.000 Mitgliedern auch in dieser Krise eng zusammen.
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