Verspäteter Zugang von Steuerbescheiden

Geht ein Steuerbescheid auf dem Postweg verloren und somit nicht zu, genügt meist der Sachvortrag, den fraglichen Verwaltungsakt nicht bekommen zu haben. Wird behauptet, das Schriftstück nach Ablauf der Dreitagesfrist (§ 122 Abs. 2 AO) erhalten zu haben, ist eine substanziierte Begründung erforderlich, so das FG München mit Urteil vom 30.3.2022 (Az. 12 K 758/20). Hieran sind nach Ansicht des Gerichts keine allzu hohen Anforderungen zu stellen, damit die Regelungen über die objektive Beweislast für den Zugang von Verwaltungsakten nicht umgekehrt werden. Im Gegensatz dazu müssten insbesondere Steuerberater bei verspätetem Zugang Vorsorge dafür treffen, dass dieser glaubhaft gemacht werden kann. Das Gericht vertritt hierzu die realitätsfremde Auffassung, gegebenenfalls sei der betreffende Brief­umschlag aufzubewahren. Welche Beweiskraft ein solcher Umschlag, der keinen Bezug zum Inhalt hat, haben soll, lassen die Richter offen. Übersehen wird auch, dass regelmäßig schon bei der Bearbeitung des Posteingangs durch das Sekretariat Inhalt und Umschläge voneinander getrennt werden und letztere üblicherweise im Papierkorb landen. Im Urteilsfall genügte weder der Eingangsstempel auf dem Bescheid noch die Aussage des Steuerberaters. Nachteilig wirkte sich allerdings aus, dass der Kollege nach eigener Aussage weder ein Posteingangs- noch ein Fristenkontrollbuch führte. Diese und weitere Organisationsmängel ließen das Gericht zudem daran zweifeln, ob die auf den Bescheiden angebrachten Eingangsstempel zutreffend sind.