Zur zeitnahen Dokumentation der Zuordnungs­entscheidung

Mit einer profiskalischen und praxisfernen Sichtweise vertritt die Finanzverwaltung trotz anderslautender Rechtsprechung immer wieder die Auffassung, die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum unternehmerischen Bereich müsse bis zur Frist für die ­Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung (im Streitjahr 31.5. des Folgejahrs) gegenüber dem Finanzamt erfolgen. Mit Urteil vom 29.9.2022 (Az. V R 4/20 stbi022306) hat der BFH erneut eine andere Auffassung vertreten. Der Kläger vermietete eine Teilfläche in einem neu errichteten Wohn- und Bürogebäude an seine GmbH und machte aus den Herstellungskosten des Gebäudes anteilige Vorsteuer­beträge geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuer­abzug trotz zweifelsfreier unternehmerischer Nutzung, da die Zuordnung zum Unternehmensvermögen erst mit ­Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2016 am 27.12.2017 – und damit verspätet – dokumentiert worden sei. Unter Hinweis auf anderslautende Entscheidungen des EuGH und des BFH wiesen die Münchner Richter darauf hin, dass auch andere objektive Anhaltspunkte, die innerhalb der Zuordnungsfrist erkennbar geworden sind, für eine Zuordnung maßgeblich sein können und es nicht erforderlich ist, dies der Finanzverwaltung innerhalb dieser Frist mit­zu­teilen. Da die Höhe der angefallenen Vorsteuer noch festzustellen ist, muss sich die Vorinstanz, das FG Rheinland-Pfalz, erneut mit der Sache befassen. Bereits am 4.5.2022 hatte sich der BFH bei der Frage der umsatz­steuerlichen Zuordnung eines Arbeitszimmers auf die ­Seite des Steuerzahlers gestellt und ähnlich positioniert (siehe '­steuerberater intern' 15/22).