Genau vier Wochen hatten die Teams der öffentlichen Apotheken in diesem Jahr Zeit, um die Leistungen der Hersteller bzw. Lieferanten zu benoten, die einen gewichtigen Anteil des Produktspektrums im HV beschicken möchten. Vom 31. Januar bis zum 27. Februar 2023 lief der Bewertungszeitraum – zwischenzeitlich, als wäre sie zeitlich darauf abgestimmt, erschien die b4p t. o. m. Pharma Studie, die den Markt für rezeptfreie Medikamente untersucht. Diese wird unter Führung von Burda jährlich von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Kooperation mit der Gesellschaft für integrierte Kommunikationsforschung (GIK) herausgebracht.

Die Headlines gehen runter wie Öl:  Trotz höherer Verkaufs­preise kommt der OTC-Markt insgesamt gut durch die Inflationskrise, da die Menschen nicht an ihrer Gesundheit sparen  Zum Erhebungszeitpunkt (Oktober 2022) wurden insgesamt mehr als 930 Mio. Packungen an rezeptfreien Medikamenten verkauft, (nicht ganz) so viele wie zuletzt 2016  Insgesamt legten alle fünf Markentypen (Preispremium, Marktführer, Mittemarken, Mehrwertgenerika, ­Preisgenerika) zu  Im Oktober suchten so viele Kunden eine Apotheke auf, wie seit 12 Jahren nicht mehr. Knapp 40 % der Bevölkerung versorgten sich, um der stark ausgeprägten Erkältungssaison zu begegnen  Aufgrund des oft kurzfristigen Bedarfs seien die Käufer von Erkältungsmedikamenten weniger preissensibel  Normale Erkältung, Influenza und Omikron würden den Erkältungsmittelmarkt für die kommenden zwei Winterhalbjahre auf einem hohen Niveau halten.

Nach der Erkältungszeit startete in diesem Jahr die Allergiesaison sehr früh. Gleichgültig, in welcher Phase des Jahres und zu welcher Indikation, Sie müssen sich auf die Produktqualität und Lieferfähigkeit aller Lieferanten, deren ­Produkte Sie empfehlen wollen, verlassen können. Deshalb haben wir in bewährter Weise die Leistungen der OTC-Anbieter für die Apotheken in neun Kriterien abgefragt. Wir stellten zur eigenen Überraschung fest, dass die vorhergehende Wertung bereits aus dem Jahr 2019 stammte, fast vier Jahre zurückliegt. Anfang des Jahres 2020 trat die Corona-Pandemie auf – in den Apotheken war unglaublich viel zu tun. Auch in den beiden darauffolgenden Wintern war das Frühjahr für die Apotheken mit so viel Arbeit gespickt, dass die Redaktion entschied, in diese Phase hoher Arbeitsbelastung nicht noch einen Fragebogen hineinzuschicken.

In diesem Januar war es wieder soweit: Auf dem Fragebogen hatten wir die 24 Anbieter namentlich vorgegeben, die im Marktsegment OTC nach dem jeweiligen Marktanteil (nach Umsatz) vorne liegen. Leider konnte Roche Diabetes Care die Hürde in die Auswertung nicht überwinden. Nicht einmal 20 Rückmeldungen legen nahe, dass Produkte zum Diabetesmanagement in Apotheken nicht unbedingt zu den Rennern zählen. Welche 23 Unternehmen wir aufnehmen konnten, entnehmen Sie bitte den folgenden Tabellen. Vorab die Hinweise: Neu dabei sind (nach 2019) Eucerin, Orthomol, Verla-Pharm und Dr. Wolff. Und, weil der Platz in den Tabellen endlich ist, wird GlaxoSmithKline Consumer Health mit GSK OTC/Haleon abgekürzt (der Zusatz ein 'Haleon-Unternehmen' hätte sich erst recht nicht mehr unterbringen lassen). Nach diesen Vorworten hinein in die ersten Kriterien:

In der Pandemiephase stellte der Service für die Apotheken für alle Hersteller eine besondere Herausforderung dar. Da liegt es nahe, sich gleich zum Start die Leistungen des Außendienstes – soweit ein solcher überhaupt möglich war – und des Innendienstes anzuschauen. In den Erläuterungen zum Fragebogen heißt es zum Außendienst: „Stimmt die Besuchsfrequenz? Gibt Ihnen der Außendienst nützliche Informationen und Anregungen – oder ist allein darauf fixiert, Aufträge zu schreiben?“ Hätten wir die Fragestellung um die Position 'Wie meisterte der Außendienst die Zeiten der Kontakteinschränkungen?' erweitern sollen? Wir hoffen, dass dies nicht nötig wird!

Beim Blick auf die Tabelle mit den Noten des Kriteriums ­Außendienst sehen Sie eine sehr große Spreizung: Etwas unfair erscheint die Bewertung von ALIUD PHARMA, denn die Lachinger (Tochtergesellschaft von STADA) wurden 1986 ohne Außendienst aufgestellt und arbeiten bis heute ohne einen solchen. Damit ist die Note 4,50 wohl so einzuordnen, dass die Kunden es nicht schlecht fänden, wenn doch ein ­Außendienst eingeführt würde. Immerhin kann Reckitt Benckiser, einen Platz davor, als schlechteste 'echte' Note unseres Testfeldes eine 3,02 vorweisen. In der Schule wäre das mittelmäßig, verbesserungswürdig, aber nicht schlecht. Wir vergleichen die Noten nicht generell mit dem vorhergehenden Durchlauf im Jahr 2019, greifen nur hier und da besondere Entwicklun­gen heraus. Falls Sie dies tun möchten, finden Sie den Ergebnisbogen 2019 hier: www.markt-intern.de/infobriefe/gesundheit-freizeit/apotheke-pharmazie/leistungsspiegel ('OTC-Anbieter' auswählen und PDF runterladen).

Sehr aufschlussreich ist für uns der Blick nach oben: Die vermeintlich Großen der Branche, WICK Phar­ma, Bayer Con­sumer Health, STADA und Eucerin finden sich auf den hinteren Rängen. Nerven deren Außendienste zu sehr oder war von diesen in den zurückliegenden Monaten nichts zu hören – während andere auf die tele­fonischen Kontakte aus dem Homeoffice umschwenk­ten? Engel­hard Arzneimittel, Heel und Dr. Willmar Schwabe markieren auf den Plätzen sieben bis fünf die Schritte in die Einser-Wertungen. Davor können sich die beiden Schwergewichte Ratiopharm (Rang vier/Note 1,90) und Hexal (Rang 3/1,82) von einer guten Seite zeigen. Davon ­heben sich Verla-Pharm (Platz zwei/Note 1,61) und HERMES Arzneimittel (1,51) noch einmal ein Stückchen ab. Flexible Reaktionen in ungewöhnlichen Zeiten? Wir werden dies in Tutzing und Pullach hinterfragen!

Besondere Bedeutung lag in der jüngsten Vergangenheit auf der Betreuung durch den Innendienst. Die Erreichbarkeit der Mitarbeiter und deren Kompetenz, die Qualität der Aus­künfte und der Bearbeitung Ihrer Anliegen hatten wohl noch nie ­zuvor so großes Gewicht. 'Alles richtig gemacht' müssen wir hierzu bei HERMES Arzneimittel konstatieren. Als einziges Unternehmen dürfen sich Geschäftsführer Thomas Stadler und sein Team über eine Eins vor dem Komma ­freuen. Der Abstand von Verla-Pharm, auf Platz zwei, fällt mit fast vier Zehnteln schon recht deutlich aus. Was allerdings die ausgezeichnete Bewertung mit 2,14 nicht herunterziehen soll. Mit Pohl-Boskamp konnte sich ein weiteres Familienunternehmen auf Rang drei schieben, ­gefolgt von Bionorica mit einer 2,26 und Orthomol, Rang fünf, mit 2,29. Das breite Mittelfeld reicht von Hexal auf dem sechsten Platz bis Dr. Wolff auf Rang 16. Diese elf Ränge liegen in einer Drittelnote – schnell könnte man durch­gereicht werden. Über die Drei springen Johnson & Johnson, Bayer und auch Wick, bevor Reckitt Benc­kiser mit der 3,28 nach der roten Laterne in diesem Bereich verlangt. Was ist nur so schwer daran eine vernünftige Kundenbetreuung per Telefon oder online aufzusetzen?

'mi'-Zwischenfazit:  Bei den ersten Kriterien sehen wir hinter den beiden Erstplatzierten rege Bewegung auf und ab  Besonders im Vergleich zu 2019 werden Sie feststellen: Nicht jeder Anbieter hat seinen Apotheken-Service durch die Pandemie gleichmäßig und souverän aufrechterhalten  In der nächsten Woche präsentieren wir Ihnen die nächsten Kriterien und einige Leserstimmen. Diesbezüglich sind ein paar Anfragen ­offen, die wir gerne bis zum Ende dieser Woche beantwortet hätten.