Familie Faber-Castell gibt sich „neue Inhaberstrategie“ … und beendet den Familienzwist
Über die sage und schreibe neunte Familiengeneration reden wir in Zusammenhang mit dem gleichnamigen Unternehmen Faber-Castell. Das findet man in der Unternehmenslandschaft nicht oft. Nicht immer funktioniert das problemlos, so auch nicht in der besagten neunten Generation der vier Kinder des ehemaligen Firmenlenkers Anton-Wolfgang Graf von Faber-Castell. Dieser verstarb bereits im Jahr 2016. Jetzt hat man sich nach zermürbenden Grabenkämpfen endlich geeinigt. Und damit dürfte so manchem Mitarbeiter, aber auch so manchem stark in der Marke engagierten Fachhandelshaus ein Stein vom Herzen fallen.
Die Worte aus der Firmenzentrale lauten dazu wie folgt: „Die neunte Generation der Familie Faber-Castell wird das Unternehmen im Rahmen ihrer neuen Inhaberstrategie als aktiver Gesellschafterkreis kontrollieren. Dafür geht Charles Graf von Faber-Castell in den Aufsichtsrat der Faber-Castell AG, Katharina Gräfin von Faber-Castell in den Verwaltungsrat der A.W. Faber-Castell Unternehmensverwaltung GmbH. Die vier Geschwister – Charles Graf von Faber-Castell, Katharina Gräfin von Faber-Castell, Victoria Gräfin von Faber-Castell und Sarah Gräfin von Faber-Castell – hatten als Hauptgesellschafter*innen im vergangenen Jahr die Erarbeitung einer Inhaberstrategie initiiert, um die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft von Faber-Castell zu stellen.“
„Wir freuen uns sehr auf die Aufgabe, die Zukunft von Faber-Castell gemeinsam und aktiv als Gesellschafter*innen mitzugestalten. Wir haben gemeinsam eine moderne, familienkontrollierte Governance-Struktur erarbeitet. So werden wir nicht nur den Herausforderungen unserer Zeit, sondern auch unserer Verantwortung für ein traditionsreiches Unternehmen, eine einzigartige Marke und unsere 6.500 Mitarbeiter*innen auf der ganzen Welt gerecht“, sagen Charles, Katharina, Victoria und Sarah von Faber-Castell in einem gemeinsamen Statement. „Als neunte Generation spüren wir seit unserer Kindheit, wie viel positive Kraft die Marke Faber-Castell und unsere Produkte auf der ganzen Welt haben. Nun wollen wir im vertrauensvollen Miteinander und offenen Dialog zwischen Gesellschafterkreis, Aufsichtsgremien, Vorstand und der gesamten Belegschaft aktiv daran mitwirken, dass Faber-Castell nicht nur eines der ältesten Familienunternehmen ist, sondern auch eines der jüngsten und innovativsten. Faber-Castell soll auch noch in 260 Jahren kreative Fähigkeiten freisetzen und Menschen auf der ganzen Welt inspirieren.“
Die neue Regelung sieht vor, dass die neunte Generation der Familie die Entwicklung des Unternehmens „in einem familienkontrollierten Modell als aktiver Gesellschafterkreis mitgestalten“ wird: „Zu diesem Zweck haben sie Leitlinien erarbeitet, die dem Vorstand einen verlässlichen Rahmen bieten, um einen nachhaltigen und profitablen Wachstumskurs für Faber-Castell zu entwickeln. Dabei soll Faber-Castell seinem Markenkern als Premium-Marke treu bleiben. Zudem soll die soziale und ökologische Verantwortung weiterhin im Mittelpunkt aller Entscheidungen stehen. Charles Graf von Faber-Castell und Katharina Gräfin von Faber-Castell werden die Positionen der Gesellschafter*innen in den entsprechenden Aufsichtsgremien vertreten. Beide treten in den Gremien jeweils an die Stelle von Detlef Spigiel, der beide Gremien verlässt. Mary Gräfin von Faber-Castell bleibt ebenfalls Mitglied im Aufsichtsrat der Faber-Castell AG.“
Damit zieht sich Charles von Faber-Castell aus dem operativen Geschäft zurück. Bisher war er für die Premium-Sparte verantwortlich. Die Unternehmensführung liegt damit nicht mehr in der Hand der Familie, die sich nunmehr auf die Kontrollfunktion in den entsprechenden Gremien beschränkt.Und auch nicht die Alleinherrschaft, womit der Wille von Anton-Wolfgang von Faber-Castell – der 85 % der Stimmrechte gebündelt in der so genannten 'goldenen Aktie' für das 'fähigste' seiner Kinder vorgesehen hatte – letztlich nicht umgesetzt werden konnte. Für das Management dürfte aber viel wichtiger sein, möglichst freie Hand bei den unternehmerischen Entscheidungen zu haben, um Faber-Castell durch nach wie vor unruhiges Gewässer steuern zu können. Im Geschäftsjahr 2019/2020 lag der Gruppenumsatz nach eigenen Angaben bei 555 Mio. Euro. Vier Jahre zuvor, im letzten Geschäftsjahr von Firmenpatriarch Anton-Wolfgang, waren es noch 631 Mio. Euro. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse im Corona-Jahr 2020/21.
Chefredakteurin