Volker Wissing: Frau Merkels Politik ist ideenlos

Es ist schon eine ganze Weile her (August 2013), da war Dr. Volker Wissing bereits einmal Gast der Gesamtredaktion des 'markt intern'-Verlages. Damals in seiner Eigenschaft als Finanzpolitischer Sprecher und stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion (vgl. Mi 19/13). Sein Weg führte ihn seinerzeit von Berlin zurück zu seinem Landesverband nach Rheinland-Pfalz, wo er seit Mai 2016 als Stellvertretender Ministerpräsident und Landeswirtschaftsminister im Rot-Gelb-Grünen-Kabinett der Ministerpräsidentin Malu Dreyer agiert. Seit September letzten Jahres ist Wissing Generalsekretär der FDP. Parteichef Christian Lindner hatte ihn geholt, um der FDP in den bevorstehenden Wahlkämpfen mehr Profil und Schlagkraft zu verleihen. Ob ihm das gelingt, werden erstmals die Wähler am 14. März bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zeigen. Eigentlich lukrative Aufgaben für die FDP, denn Baden-Württemberg gilt als Stammland der Liberalen und in Rheinland-Pfalz haben sie immerhin von 1990 bis 2005 ununterbrochen mitregiert. Wir haben bei ihm nachgefragt, wie er selbst die Chancen der FDP in beiden Bundesländern einschätzt und was er von der Corona-Politik im Bund und den Ländern hält.

Mi: Ihnen persönlich wird vorgeworfen, quasi als gespaltene Persönlichkeit zu agieren. Als Generalsekretär kritisierten Sie die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung, die Sie als Wirtschaftsminister und Stellvertretender Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz umsetzten. Wie stehen Sie zu diesem Vorwurf und wie sähe die Coronapolitik einer Bundesregierung aus, an der die FDP beteiligt wäre?

Wissing: „Auch wenn ich die Meinung der Bundesregierung an vielen Stellen nicht teile, ist es als verantwortlicher Landesminister meine Pflicht, mich an Parlamentsbeschlüsse und Gesetze des Bundes zu halten, genau wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger auch. Das gehört zur Demokratie dazu. Als Generalsekretär der führenden Oppositionspartei im Bund bin ich aktiv dabei, den Menschen Alternativen aufzuzeigen: Eine Corona-Politik unter liberaler Flagge würde Perspektiven eröffnen, anstatt das Land mit Durchhalteparolen von einem Lockdown in den nächsten zu führen. Mit mehr regionaler Differenzierung, einem Stufenplan mit klaren Wenn-Dann-Regeln und dem Einsatz neuster Technologien könnten wir das öffentliche Leben schrittweise wiederherstellen. Frau Merkel gibt ihrer Politik gerne den Anschein der Alternativlosigkeit, dabei ist sie vor allem eins: ideenlos.“

Mi: Sind Sie dafür, unter strenger Beachtung von Hygienevorschriften Geschäfte wieder öffnen zu dürfen und Dienstleistungen wieder zuzulassen?

Wissing: „Ja, in Regionen mit niedrigem Infektionsgeschehen können Geschäfte, aber auch Schulen unter entsprechenden Auflagen schrittweise wieder geöffnet werden. Nötig ist ein regional differenzierter Ansatz, der sich an klaren und für die Menschen nachvollziehbaren Inzidenzwerten orientiert: Mit unserem Stufenplan haben wir ein solches Modell vorgelegt, das den Menschen die Hoffnung zurückgibt und zugleich den bestehenden Gefahren Rechnung trägt.“

Mi: Ein Problem der FDP ist, dass sie häufig in der politischen Kommunikation auf Christian Lindner reduziert wird. Er wiederum fällt gerade in sozialen Medien häufig durch einen starken Wechsel seiner Positionen innerhalb relativ kurzer Zeiträume auf. Zuletzt konnte man bei Twitter seine einander widersprechenden Tweets zur Behandlung Geimpfter lesen. Wie wird sich die FDP im Bundestagswahlkampf präsentieren: als Mannschaft oder als Christian Lindner mit Team?

Wissing: „Hinter Christian Lindner steht ein Team aus vielen starken Frauen und Männern. Wir haben in der Partei wie in der Bundestagsfraktion hervorragende Köpfe. Wer sich über die mediale Dauerpräsenz bestimmter Persönlichkeiten beschwert, möge doch einfach den anderen Teamspielern oder dem liberalen Nachwuchs eine Bühne bieten! Herr Lindner und ich wären die letzten, die sich darüber beschweren würden. Denn wir beide schätzen den Teamgeist.“

Das vollständige Interview mit Volker Wissing können Sie auf miDIREKT lesen. Dort erfahren Sie, wie Wissing die Aussichten der FDP bei den anstehenden Landtagswahlen beurteilt und welche Koalitionen er für die FDP in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz für möglich hält.