Kritik am möglichen Kanzlerkandidaten Söder nimmt zu

Geht es nach den veröffentlichten Umfragen, dann ist die Frage nach einer Kanzlerkandidatur Markus Söders eigentlich schon beantwortet. Wir haben da allerding unverändert unsere Zweifel, ob das für die Union eine gute Lösung wäre. Seitdem er deutlicher als früher seine Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur erkennen lässt, mehren sich wenig überraschend auch Berichte über vermeintliche oder echte Skandale der Vergangenheit. Eine solche Geschichte ist die Errichtung des Zukunftsmuseums in Söders fränkischer Heimat Nürnberg, die für dieses Frühjahr geplant ist. Es handelt sich dabei um eine Zweigstelle des Deutschen Museums in München. Aktuell hat sich der FDP-Landtagsabgeordnete Sebastian Körber mit dem Vorgang befasst. Er kritisiert vor allem, der Investor, Bauunternehmer Gerd Schmelzer, habe 2018 bemerkenswerte 45.500 Euro an die CSU gespendet. Söder beteuert, davon nichts gewusst zu haben, was bisher niemand widerlegen kann. Schmelzer wiederum verweist darauf, die Spende stehe in keinem Zusammenhang mit dem Museumsbau. Körber kritisiert auch, die Mietpreise für das Museum seien deutlich überhöht. Letzteres hat 2017 auch schon die Landtagsabgeordnete Verena Osgyan (Bündnis 90/Die Grünen) kritisiert. Eine Pressemitteilung von ihr vom 20. Juli 2017 trägt den Titel „Zweigstelle des Deutschen Museums in Nürnberg: ein einziger finanzpolitischer Saustall!“ Sie stört sich sowohl an den Gesamtkosten des Projekts (rund 100 Millionen Euro) als auch an der Höhe der Mietzahlungen (2,8 Millionen Euro pro Jahr) sowie der Dauer des Mietvertrages (25 Jahre). Wir prognostizieren: Je näher die Entscheidung um die Kanzlerkandidatur rückt, umso mehr wird sich Söder mit Geschichten dieser Art beschäftigen dürfen.

Und dann bekommt Söder auch noch zunehmend Gegenwind in seiner eigenen bayerischen Koalition mit den Freien Wählern. Nachdem er deren Vorsitzenden, seinen Stellvertreter als Ministerpräsidenten, Hubert Aiwanger, auf dem Neujahrsempfang der CSU öffentlich wegen dessen Lockerungsforderungen kritisiert hatte, 'schoss' Aiwanger auf dem Neujahrsempfang der Freien Wähler prompt zurück. Mit seiner Forderung, Hotels und Schulen nicht noch monatelang geschlossen zu halten, sei er „an der medizinischen, an der wissenschaftlichen Debatte sehr nah dran“. Man könne bei Einschränkungen nicht mehr damit argumentieren, man nehmen sie sicherheitshalber vor: „Wir müssen als Politiker jetzt begründen, warum wir weiterhin die Textilläden, die Schulen, die Friseure, die Skipisten, die Hotels zumachen.“ Nötig sei eine differenziertere Debatte darüber, „ob wir wirklich neue Infektionsrisiken schaffen“, wenn es Öffnungen gebe, so Aiwanger. Da können wir Aiwanger nur zustimmen. Für Söder wahrscheinlich unvorstellbar, hat sogar seine eigene Landtagsfraktion in einer Sondersitzung des Landtags von der Staatsregierung verlangt, ein Konzept „für eine sichere und gerechte Öffnungsstrategie“ zu erarbeiten. Den Antrag hat die CSU-Landtagsfraktion gemeinsam mit den Freien Wählern eingebracht. Noch mehr Protest ist in der CSU gegen Söder kaum denkbar!

Demokrat Söder hielt in seiner Rede übrigens noch ein besonderes Bonbon parat. Die Parteien, so mahnte er, sollten derzeit auf Wahlkampf verzichten. Angesichts der Bundestagswahl im Herbst versuchten sich Parteien und Politiker in Stellung zu bringen: „Das ist im Grunde genommen auch okay, aber bitte nicht in den jetzigen Zeiten, wo wir ein hohes Maß an Stabilität und Vernunft brauchen.“ Er sei der Meinung, „der Wahlkampf für die Bundestagswahl sollte so spät wie möglich beginnen“. Am besten wäre wohl aus Söders Sicht, wenn gar nicht erst gewählt würde. Toller Kanzlerkandidat!