Novellierung der Ausbildungsverordnung im Elektrohandwerk: Der aktuelle Stand im kompakten Überblick

In EI 26/19 hatte 'markt intern Elektro-Installation' es im Rahmen der wöchentlichen Berichterstattung bereits angedeutet: Der seit geraumer Zeit angekündigte neue Ausbildungsberuf 'Elektroniker für Gebäudesystemintegration' lässt noch auf sich warten. Die dahinterstehende ganzheitliche Novellierung der Ausbildungsberufe im elektrotechnischen Fachhandwerk befindet sich derzeit noch an ihrem Anfang. Das Ganze ist augenscheinlich ein sehr komplexer Vorgang. Wegen der außerordentlichen Branchenrelevanz blickt Ihre 'mi'-Redaktion heute auf den aktuellen Stand. Jeder, der sich halbwegs auskennt, weiß genau:

Das elektrotechnische Fachhandwerk hält mit den Berufsbildern Elektroniker/in Systemelektroniker/in Informationselektroniker/in und dem/der Elektroniker/in für Maschinen- und Antriebstechnik grundsätzlich vier verschiedene Ausbildungsberufe bereit. Beim Ausbildungsberuf Elektroniker/in können Auszubildende sich außerdem zwischen den jeweiligen Fachrichtungen (FR) 'Energie- und Gebäudetechnik' 'Automatisierungstechnik' bzw. der 'Informations- und Telekommunikationstechnik' entscheiden. Und wer beim Informationselektroniker/in noch sachgerecht zwischen den Schwerpunkten (SWP) 'Geräte- und Systemtechnik' bzw. 'Bürosystemtechnik' unterscheidet, landet am Ende bei insgesamt sieben verschiedenen Möglichkeiten, eine elektrotechnische Ausbildung zu absolvieren. Dabei ist die Ausgangslage bei den einzelnen Berufen höchst unterschiedlich:

Elektroniker/in – Die Zahl der Ausbildungsverträge für den Beruf des Elektronikers sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Vordergründig könnte dies zu der Annahme verleiten: Es kann so bleiben, wie es ist! Dies ist allerdings ein Irrtum. Insbesondere an der FR Informations- und Telekommunikationstechnik zeigt sich: Die Basistechnologien bewegen sich immer mehr in Richtung IP. Dies hat zwangsläufig Konsequenzen für die 'Ausbildung von morgen'. So ist einem aktuellen Arbeitspapier des Zentralverbandes der Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) zu entnehmen, dass das „Überschneidungspotenzial“ zwischen dem 'Elektroniker/in FR Informations- und Telekommunikationstechnik' und dem 'Ausbildungsberuf Informationselektroniker/in' erheblich gestiegen sei. „Die Themenfelder Smart Home/Smart Building, Energiemanagement und Gebäudesystemintegration“, so heißt es in dem Arbeitspapier weiter, „nehmen an Bedeutung zu. Die Marktrelevanz steigt.“ Im Rahmen eines Reallabors habe man festgestellt, dass es notwendig wird, Lerninhalte wie Parametrieren, Programmieren sowie das Integrieren und Optimieren von Systemen in die Ausbildung miteinfließen zu lassen. Eine Integration in die bestehenden Ausbildungsberufe sei jedoch unrealistisch, da diese bereits mit anderen – ebenfalls dringend benötigten Lerninhalten – verdichtet seien. Eine Einschätzung, mit der man bei derzeitigen Azubis und ausbildenden Elektromeistern vermutlich offene Türen einrennen wird.

Systemelektroniker/in – Vollkommen anders gestaltet sich die Ausgangslage im Beruf Systemelektroniker/in. Die Zahl der dort abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist in den letzten 15 Jahren drastisch gesunken. Einer der Gründe dafür ist beispielsweise die Tatsache, dass sich die Entwicklung von Elektronik zunehmend von elektrotechnischen Fachbetrieben hin zur Industrie verlagert hat. Hinzu kommt eine hohe Überschneidung von jenen Ausbildungsinhalten, die zugleich auch Bestandteil der Ausbildung Elektroniker/in mit der FR Informations- und Telekommunikationstechnik sind.

Informationselektroniker/in – Ebenfalls stark rückläufig sind die Ausbildungszahlen beim Beruf Informationselektroniker/in. Maßgeblichen Anteil an dieser Entwicklung hat der technologische Wandel im Zuge fortschreitender Digitalisierungsprozesse. In dem bereits erwähnten Arbeitspapier heißt es dazu unter anderem wörtlich: „So wurden die Sende- und Empfangstechniken weitestgehend flächendeckend digitalisiert. Hochtechnisierte Multimediageräte sorgen für geringere Reparaturzyklen bzw. werden fast ausschließlich nur noch von Herstellern oder großen Reparaturzentren repariert. Arbeitsschwerpunkte der Betriebe sind heute mehr und mehr die Vernetzung sowie die Parametrierung und Integration von Multimedia-, Gefahrenmelde-, Telekommunikations- sowie Bürosystemen Das Überschneidungspotenzial mit dem Ausbildungsberuf Elektroniker/in FR Informations- und Telekommunikationstechnik nimmt stetig zu.“

Elektroniker/in für Maschinen- und Antriebstechnik – Im Vergleich zu den bisher genannten Berufen hält sich der Reformbedarf beim Elektroniker/in für Maschinen- und Antriebstechnik offenbar in überschaubaren Grenzen. Die Ausbildungszahlen in diesem Bereich sind seit Jahren konstant. Eine Anpassung der Lehrinhalte an die Anforderungen der Digitalisierung ist zwar ausdrücklich vorgesehen, aber eine grundlegende Veränderung beim Zuschnitt der Qualifizierungsinhalte steht derzeit nicht auf der Agenda.

Damit wäre die Bestandsaufnahme zur aktuellen Lage in den einzelnen Berufsfeldern abgeschlossen: Die Situation im Bereich Maschinen- und Antriebstechnik ist erfreulich stabil. Beim Beruf Elektroniker/in sind die Fachrichtungen Energie- und Gebäudetechnik und Automatisierungstechnik gefragt wie nie zuvor. Neue, dringend benötigte Anforderungen lassen sich aber nur bedingt in vorhandene Lehrpläne integrieren. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach jenen Qualifikationen rückläufig, die sich derzeit in den Berufen Elektroniker/in mit der FR Informations- und Telekommunikationstechnik bzw. Informationselektroniker/in wiederfinden. Jeder, der sich diese Gemengelage vor Augen führt, wird erkennen: Obwohl die Anzahl der Ausbildungsverträge im elektrotechnischen Fachhandwerk in den letzten Jahren permanent gesteigert werden konnte, besteht Handlungsbedarf darin, den Anforderungen der Digitalisierung mittel- und langfristig gerecht werden zu können. Dass die daran beteiligten Verbände – allen voran der ZVEH – diesen Bedarf erkannt haben, ist außerordentlich positiv. Zumal sich für das nachfolgend skizzierte Zukunftsszenario gute Argumente anführen lassen:

Wenn in zeitlicher Hinsicht alles glatt läuft, wäre es denkbar, dass Auszubildende sich ab 2021 beim Beruf 'Elektroniker/in' nicht mehr für eine von drei, sondern für eine von nur noch zwei unterschiedlichen Fachrichtungen entscheiden müssen. Dabei werden dann die FR Energie- und Gebäudetechnik bzw. die FR Automatisierungs- und Systemtechnik zur Auswahl stehen. Die bisher zusätzliche FR Informations-und Telekommunikationstechnik innerhalb des Berufs 'Elektroniker/in' entfällt. Die daraus weiterhin benötigten Qualifizierungsinhalte werden in den reformierten und zugleich eigenständigen einheitlichen Beruf Informationselektroniker/in überführt. Die dortige bisher gültige Festlegung auf die Schwerpunkte 'Geräte- und Systemtechnik' bzw. 'Bürosystemtechnik' entfällt ebenfalls.

Damit das elektrotechnische Fachhandwerk mit Blick auf zunehmend IP-basierte Systeme angemessen reagieren kann, wird stattdessen ein neues Berufsbild geschaffen: Gemeint ist der Ausbildungsberuf 'Elektroniker/-in für Gebäudesystemintegration'. Dem 'mi' vorliegenden Arbeitspapier des ZVEH sind dazu folgende Informationen zu entnehmen:

„Um den Fachkräftebedarf für die Marktsegmente Smart Home/Smart Building/Energiemanagement/Gebäudesystemintegration mittelfristig zu decken und diese fester in der handwerklichen Dienstleistung zu verankern, ist ein spezieller Ausbildungsberuf für diese Tätigkeitsfelder erforderlich. Gesellen, die diesen Ausbildungsberuf durchlaufen haben, sind u. a. im Smart Home / Smart Building wichtiges Bindeglied hin zum Planer der intelligenten Gebäudetechnik“ – und dieses Bindeglied wird dringend benötigt!

Insofern ist es fast schon etwas schade, dass sich die endgültige Umsetzung einer optimierten Ausbildungslandschaft noch etwas hinziehen wird. Aber: Allein die hier aufgeführten Zwischenresultate lassen erahnen, dass die Novellierung von Ausbildungsberufen ein höchst komplexer Vorgang ist. Eine fachlich fundierte und zugleich sorgfältige Entwicklung nachhaltiger Ausbildungskonzepte dauert einfach eine gewisse Zeit. Und wenn die Konzepte stehen, wird es darum gehen, die jeweils zuständigen Ministerien erst einmal auf branchenspezifische Herausforderungen hinzuweisen. Im nächsten Schritt geht es darum, Lösungsvorschläge zu präsentieren und fundiert zu begründen. Denn mal ehrlich: Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kämen von sich aus vermutlich gar nicht auf die Idee, vorhandene Ausbildungsberufe an die neuen Herausforderungen anzupassen – 'mi' bleibt für Sie dran'!