MAFELL-Powershop-System: Seit einem Jahr im vertrieblichen Neuland
Anfang 2017 schlägt MAFELL/Oberndorf einen mutigen Weg ein und stellt nach erfolgreichen Pilotphasen in drei Märkten im EU-Ausland den gesamten Produktvertrieb im Heimat- und Schwerpunktmarkt Deutschland sowie in Österreich auf ein Kommissionssystem um. 'Kann das klappen?' fragten sich hierzulande viele im Vorfeld und fragen sich das bis jetzt – daher nimmt 'mi' das Thema 'MAFELL Powershop-System' (MPS) heute in den Fokus:
„Jedes Unternehmen ist gefordert, Erträge zu erwirtschaften, um nachhaltig in die Zukunft zu investieren – Industrieunternehmen wie Händler. Daher können langlebige Premiumprodukte und -dienstleistungen nicht dauerhaft zu Discountpreisen verkauft werden. Produkt- und Beratungsqualität haben ihren Preis“, so Matthias Krauss, Vorstandsvorsitzender der MAFELL AG, zur Ausgangsbasis des vertrieblichen Paradigmenwechsels. Wegen des Verbots der Preisbindung zweiter Hand heißt der von MAFELL beschrittene Weg: Der Händler erwirbt kein Eigentum mehr an der gelieferten Ware, sondern verkauft sie als Kommissionär gegen Provision im eigenen Namen auf Rechnung des Lieferanten zu einem festgelegten Preis. Im Handel komme das Konzept gut an, berichtet der MAFELL-CEO: „Gegenwärtig arbeiten wir mit deutlich mehr Händlern zusammen als wir geplant haben. Damit sind ein Jahr nach der Einführung in Deutschland unsere gesteckten Erwartungen übertroffen worden. Nur wenige unserer bisherigen Handelspartner haben sich, überwiegend aus administrativen Gründen, nicht dem Vertriebssystem angeschlossen. Wir erwarten, aufgrund der positiven Erfahrungen unserer Partner und mit einem weiter erhöhten Automatisierungsgrad des Gesamtprozesses weitere Partner zu gewinnen.“ Hierbei helfen Erfahrungswerte aus den Pilot-Märkten, die bereits in die Umstellung der DACH-Region eingeflossen sind. Zudem sollen 2018 vor allem das Abrechnungs- und Bestandsmanagement weiter optimiert werden, um den Handlingaufwand für MPS-Partner und MAFELL zu reduzieren.
Das nicht zu unterschätzende Engagement, das MPS-System zu entwickeln und implementieren, dient dabei allen Beteiligten: Die Wirtschaftlichkeit des Arbeitens beim Premium-Lieferanten 'Made in Germany' mit einer Fertigungstiefe von 85 % und beim Stationärhändler mit seinem typischen Kostengefüge werden gesichert. Dadurch kann der Profi-Anwender weiterhin auf einen guten und umfangreichen Service in seiner Nähe durch den Handel setzen. Kritische Branchenstimmen merken jedoch an, dass theoretische Hochmargen nichts bringen, wenn praktisch nichts verkauft wird. Theoretisch ein veritables Argument, das aus der Praxis entkräftet wird – Jens Hüllinghorst, Hüllinghorst Maschinenhandel/Bielefeld und MPS-Partner der ersten Stunde, erläutert im 'mi'-Gespräch: „Dass das System grundsätzlich funktioniert, merkt man am insgesamt gestiegenen Preis-Niveau auch bei Online-Shops. Wir haben den Eindruck, dass die Kunden das akzeptieren. Allerdings besteht ja auch keine andere Möglichkeit, denn meistens kommt für MAFELL-Käufer ohnehin nichts anderes in Frage. Wir haben unsere Abverkaufsmenge an MAFELL-Produkten jedenfalls gesteigert und dabei eine höhere Marge je Stück generiert. Das macht natürlich Spaß, aber insgesamt verkaufen wir gerne MAFELL, weil die Qualität zu 100 % stimmt und wir hinterher keine Probleme haben.“ Als Kommissionär bricht sich der Kollege keinen Zacken aus der Krone: „Eigene Aktionen oder Mengen-Rabatte sind als Kommissionär natürlich Vergangenheit. Verbesserungswürdig sind noch die EDV-Prozesse und Abläufe in der Warenwirtschaft. Zusatzaufwand bedeutet auch das Überwachen des Lagerbestandes der Kommissionsware, da Fehlbestände sofort gemeldet werden müssen. Aber angesichts der Marge ohne Bindung meiner Liquidität ist das OK. Insbesondere da die POS-Präsentation super ist und der Lieferant eigene Aktionen aufsetzt. Sehr gut unterstützt werden wir auch vom Außendienst, der mit uns die erste Inventur nach der Umstellung zusammen durchgeführt hat und mit dem wir auch im Verkauf intensiv zusammenarbeiten.“
Absatzsteigerungen seien keine Einzelfälle, berichtet Matthias Krauss: „Die Meldungen unserer Händler deuten auf einen guten Abverkauf im vergangenen Jahr hin. Verloren haben vornehmlich Internethändler, die bislang nur über den Preis verkauft haben. Eine interne Erhebung bestätigt den aktiven Verkauf: Von den MPS-Händlern haben mehr als 100 im vergangenen Jahr mehr Umsatz erzielt als 2016.“ In Bezug auf das Preisniveau kontert er: „Was nutzt denn eine Marge, die Umsatz bringt, aber so gering ist, dass der stationäre Handel mittel- bis langfristig keine Elektrowerkzeuge mehr verkauft oder es PVH-Spezialisten für das Holzhandwerk gar nicht mehr gibt?!“ Dass die Preisstellung und ihre Verbindlichkeit in der Beratung von den potenziellen Käufern nachvollzogen und akzeptiert werden, bekommen wir auch vom PoS gespiegelt: „Das Preisniveau ist weniger ein Problem. MAFELL ist ohnehin keine Massenware. Da verkaufen wir Qualität an Überzeugungstäter und einen anderen Preis gibt es nicht“, berichtet Christian Zierer, Leitung Vertrieb & Sortiment Seefelder/Landshut. Dort habe man bis Juni kaum etwas mit MAFELL gemacht und sei nach positivem Kollegen-Feedback MPS-Händler geworden. Entscheidend waren zwei Aspekte: „Weil wir stärker auf Metabo setzen, passt MAFELL wegen der gemeinsamen Akku-Schnittstelle. Zudem ein riesiger Vorteil: kein Internet-Preiskampf. Da wir quasi bei Null gestartet sind, ist jeder Euro Zusatzumsatz. Die MPS-Praxis ist schon herausfordernd: Teilweise ist MAFELL unserer Kundschaft noch recht unbekannt und dass wir kein Skonto geben dürfen, müssen wir erklären. Insgesamt rechtfertigt die Marge jedoch den Mehraufwand – auch den auf EDV-Seite und in den Alltagsprozessen. Ich würde es begrüßen, wenn weitere Lieferanten diesem Ansatz folgen. Letztendlich hängt der Erfolg dieses Systems davon ab, wie konsequent in der Praxis Verstöße verfolgt werden.“
Bei MAFELL plant man auch in diesem Jahr mit kontinuierlichem Wachstum. Die Chance ist da, denn einen großen Teil der kritischen Übergangsphase hat MAFELL bereits überwunden – Matthias Krauss berichtet: „Wir haben bereits ab Frühjahr 2016 unsere MAFELL-Partnerhändler über die Erfahrungen aus den Pilotmärkten informiert und vorbereitende Gespräche geführt. Viele haben deshalb sehr früh über den tatsächlichen Bedarf hinaus einen hohen Lagerbestand aufgebaut. Deshalb sind im Jahr 2017 Produkte aus dem Eigenbestand der Partner und natürlich bereits auch als Kommissionsware verkauft worden – allerdings in einem Preisfenster, das nicht allzu groß war.“ Diesen Eindruck bestätigt Peter Bodenmiller, Geschäftsführer R. Pöppel/Memmingen, gegenüber 'mi': „Während der ersten Monate hielt sich die Preisdynamik in Grenzen, obwohl noch viel preisungebundene Ware im Markt war. Hier zahlt sich die langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen MAFELL und dem Handel sowie die offene Kommunikation aus und dass wir als Partner früh mit ins Boot geholt worden sind.“ Bedenken, dass man auf diesem Preisniveau nichts verkaufen werde, habe es schon gegeben, aber die seien angesichts der stabilen Umsätze restlos ausgeräumt: „Jetzt endet das Beratungsgespräch nicht mehr in einer Preisdiskussion und unsere Leistung bei diesen sehr beratungsintensiven Maschinen als Mehrwert für den Kunden wird entsprechend vergütet. Anfangs war die Umsetzung eine Herausforderung, aber da sind wir gut unterstützt worden und jetzt läuft das rund – auch mit den MAFELL-eigenen Aktionen. Auch bemerkenswert ist, dass alle Aussagen und Ankündigungen vor und zum Beginn der Umstellung 1:1 umgesetzt worden sind. Da gibt es keine leeren Versprechen.“
'mi'-Fazit: Mit der strategischen Unternehmensentscheidung der MPS-Einführung investiert MAFELL in eine gemeinsame starke Zukunft mit dem PVH. Allen Anzeichen zufolge scheint die Umstellung auf das Kommissionssystem ein guter Weg. Jetzt gilt es, das Auftrags- und Bestandsmanagement weiter zu optimieren. Nachdem die MAFELL-Fachberater zuletzt intensiv damit beschäftigt waren, den Handel bei der Einführung des neuen Systems zu unterstützen, werden sie nunmehr den Fokus auf die gemeinschaftliche Marktbearbeitung richten. Als Bestandsaufnahme der gesammelten Erfahrungswerte nach einem Jahr lässt sich festhalten, dass die Entwicklung bis hierhin sehr vielversprechend ist. 'mi' ist gespannt auf den weiteren Verlauf!
Chefredakteur