Haltbar, nachhaltig und wirtschaftlich? Chemiker und Entwickler Christian Weinelt zum fischer Injektionsmörtel FIS V Zero
Der neue Injektionsmörtel FIS V Zero kommt ohne Gefahrstoffkennzeichnung aus, schont die Umwelt und schützt die Gesundheit der Verarbeiter und Gebäudenutzer, verspricht Hersteller fischer. Dabei soll er vergleichbare Leistungsmerkmale erreichen und ein ebenso großes Anwendungsspektrum abdecken, wie andere Universalmörtel. Der projektverantwortliche Chemiker und Entwickler Christian Weinelt gibt im Interview mit ‘markt intern‘ Einblicke in die Entwicklung der Produktinnovation von der Idee bis zur Marktreife.
‘mi‘: Herr Weinelt, nach Auskünften von fischer handelt es sich beim FIS V Zero um den ersten Injektionsmörtel, dessen Rezeptur ohne Gefahrstoffkennzeichnung auskommt. Bitte erläutern Sie kurz die Besonderheiten dieser Zusammensetzung.
Das ist richtig, unser FIS V Zero muss nicht mit Gefahrstoffpiktogrammen gekennzeichnet werden, weil er fast ausschließlich aus kennzeichnungsfreien Rohstoffen besteht. In einer großen Versuchsserie prüften wir die einzelnen Bestandteile sorgsam auf ihre Leistungsfähigkeit, Kennzeichnung und Verfügbarkeit. Im Ergebnis konnten wir zahlreiche Rohstoffe mit Gefahrstoffkennzeichnung ersetzen. Im FIS V Zero sind nur sehr wenige gekennzeichnete Rohstoffe enthalten, weil diese zur korrekten Funktionsweise unseres Injektionsmörtels unerlässlich sind. Allerdings wurden diese auf ein Minimum reduziert, wodurch unser FIS V Zero selbst unter den strengen Auflagen der EU-CLP-Verordnung zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Chemikalien kennzeichnungsfrei ist. Für diesen Erfolg gab insbesondere eine neue Härtungsauslösung den Ausschlag.
‘mi‘: Laut Ihren Aussagen habe Ihnen die Entwicklung besondere, äußerst komplexe Herausforderungen gestellt, und es sei Grundlagenforschung betrieben worden. Wie haben sich diese Herausforderungen dargestellt?
Um den FIS V Zero von der Idee bis zur Marktreife zu bringen, war eine mehrjährige Forschungs- und Entwicklungsarbeit erforderlich. Die besondere Herausforderung lag im Ersetzen des Dibenzoylperoxids. Bei allen radikalisch härtenden Befestigungssystemen kommt ein Peroxid zum Start der Härtung zum Einsatz. Dibenzoylperoxid ist seit mehreren Jahrzehnten am Markt etabliert und erforscht. Sämtliche radikalisch härtende und kommerziell erwerbliche Injektionsmörtel nutzen diesen Rohstoff. Jedoch wird dieser als umweltgefährdend, sensibilisierend und augenreizend eingestuft. Beim FIS V Zero nutzen wir hierfür dahingegen einen völlig neuen, weltweit einzigartigen Mechanismus.
‘mi‘: Welche Art Grundlagenforschung haben Sie betrieben? Und welche weiteren Erkenntnisse außerhalb der Entwicklung des FIS V Zero konnten Sie gewinnen – für heutige, aber auch für zukünftige Befestigungslösungen?
Wir haben eine umfassende Literatur- und Patentrecherche sowie Laborarbeit mit umfangreichen Versuchsreihen durchgeführt. Erforderlich war insbesondere die jahrelange intensive Auseinandersetzung mit der Chemie der Härtungsauslösung. Aus unserer Forschungsarbeit konnten wir Struktur-Eigenschafts-Beziehungen ableiten. So gelang es uns, die innovative Formel zu entwickeln. Da diese Art der Härtungsauslösung völlig neu und bislang unentdeckt war, konnten wir diese zum Patent anmelden. Wir haben hierbei die Grundlagenuntersuchung als auch die Entwicklung der finalen Formulierung komplett bei uns im eigenen Haus durchgeführt.
Insgesamt waren zahlreiche Zuständigkeiten unserer Business Unit Chemie in das Projekt involviert. An unserem Standort in Denzlingen im Südwesten von Baden-Württemberg ist alles unter einem Dach vereint: nicht nur die Entwicklung und das Produktmanagement, sondern auch die Fertigungsprozess-Planung, die Produktion, das Prüffeld und die Qualitätssicherung. Aufgrund der räumlichen Nähe ist die Zusammenarbeit sehr eng und die Kommunikationswege sind kurz. Entlang des gesamten Prozesses können wir höchste Qualität garantieren. Beim Projekt FIS V Zero bestätigte sich einmal mehr, dass dies zum Erfolg führt und dies ist für uns eine zentrale Erkenntnis, auch bei der Entwicklung von zukünftigen Befestigungslösungen.
‘mi‘: Mit Blick auf die konkreten Einsatzgebiete des FIS V Zero: Für welche Einsatzzwecke wurde der Injektionsmörtel entwickelt?
Unser FIS V Zero verfügt über eine hohe Leistungsfähigkeit und Flexibilität in der Anwendung, so dass er sowohl für den Profi als auch für den Heimwerker verwendbar ist. So erreicht der Universalmörtel gemäß ETA (Europäisch Technische Bewertung) dieselben Leistungsmerkmale und deckt ein genauso breites Anwendungsspektrum ab wie gekennzeichnete chemische Befestigungssysteme. Das Einsatzgebiet umfasst Befestigungen in Beton und in allen gängigen Mauerwerksarten, sowie nachträgliche Bewehrungsanschlüsse und wassergefüllte Bohrlöcher in Beton.
Hierbei wurde der FIS V Zero – als kennzeichnungsfreies Produkt – speziell für den umweltbewussten, sicherheitsorientierten Anwender entwickelt. Diese Bedürfnisse beim Einsatz von Produkten sind vor allem in den nordischen Ländern bereits sehr stark ausgeprägt und der Trend weitet sich zunehmend auch auf andere Länder aus.
‘mi‘: Sind Wirkungsgrad und Verarbeitungsanforderungen vergleichbar mit herkömmlichen Lösungen? Gibt es Veränderungen z.B. hinsichtlich Witterungsbeständigkeit, Lastaufnahme oder Temperaturbedingungen und Vorgehen bei der Verarbeitung?
Die Leistungsmerkmale unserer Befestigungsinnovation sind analog zu anderen Universalmörteln gemäß ETA. Gegenüber den herkömmlichen Lösungen gewährleistet der FIS V Zero jedoch aufgrund seiner Kennzeichnungsfreiheit ein höheres Maß an Sicherheit für den Verarbeiter und schützt zugleich die Umwelt. Bei der Anwendung des Injektionsmörtels werden die Auswirkungen möglicher Kontaminationen und Umweltbelastungen drastisch minimiert. Der Verarbeiter kann damit auf eine Sicherheitsausrüstung und weitere Schutzmaßnahmen verzichten.
Die Verwendbarkeit des Injektionsmörtels FIS V Zero in wassergefüllten Bohrlöchern in Beton ermöglicht die Verarbeitung auch unter schwierigen Baustellenbedingungen. Er ist zudem für Einbautemperaturen von -10 bis 40 Grad zugelassen und lässt sich damit ganzjährig auf der Baustelle und flexibel in den unterschiedlichen Gewerken verwenden. Darüber hinaus bestätigt ein internes Gutachten, dass außerhalb der Zulassung sogar Einbautemperaturen von bis zu -15 °C möglich sind.
Die Verarbeitung erfolgt analog zu anderen Universalmörteln: Einfach den Mörtel in das gereinigte Bohrloch injizieren und darin die Systemkomponente einbringen, um das Anbauteil im Baustoff zu befestigten – und fertig. Zur schnellen und kraftschonenden Verarbeitung lässt sich der FIS V Zero mit fischer Auspressgeräten verarbeiten. Dabei werden die zwei getrennt gelagerten Hauptkomponenten Harz und Härter im Statikmischer vermischt und aktiviert. Zusammen mit den jeweils passenden Systemkomponenten deckt der FIS V Zero nahezu alle Anwendungsfälle und Lastanforderungen in Vollbaustoffen und in sämtlichen gängigen Mauerwerksarten im Innen- und im Außenbereich ab – sowohl beim Neubau als auch bei Sanierungs- und Renovierungsvorhaben.
‘mi‘: Welche Zertifizierungen liegen vor?
Unser FIS V Zero ist mit dem „Nordic Swan Ecolabel“ zertifiziert – dem offiziellen, staatlichen Umweltzeichen der nordischen Länder. Das Label steht für Umweltschutz, Qualität und gesundheitliche Unbedenklichkeit. Zudem erhielt unser FIS V Zero das „Eurofins Indoor Air Comfort Gold“ Zertifikat. Dies bestätigt, dass der Injektionsmörtel höchste Anforderungen zur Reinhaltung der Innenraumluftqualität bei VOC-Gehalt und VOC-Emissionen (Volatile Organic Compounds, flüchtige organische Verbindungen) erfüllt. Das trägt erheblich zur Wohngesundheit bei. Auch die schwedischen Baustoffberater Basta und Byggvarubedömningen empfehlen den FIS V Zero – ein wichtiges Kriterium für die erfolgreiche Vermarktung in den nordischen Ländern.
Wir sind außerdem stolz, für unseren FIS V Zero den Umwelttechnikpreis Baden-Württemberg 2021 als Erstplatzierter in der Kategorie „Emissionsminderung, Aufbereitung und Abtrennung“ erhalten zu haben. Außerdem wurde er mit dem Solar Impulse Efficient Solution Label ausgezeichnet, mit dem Lösungen gewürdigt werden, die wirtschaftliche Rentabilität mit Nachhaltigkeit vereinen.
‘mi‘: Stichwort Wirtschaftlichkeit: Inwiefern bringt die Verwendung des nachhaltigen kennzeichnungsfreien Injektionsmörtels dem Verwender Vorteile – in der Handhabung, wie auch ökologische und ökonomische?
Die Kennzeichnungsfreiheit unserer Befestigungsinnovation schützt die Gesundheit der Verarbeiter und Gebäudenutzer. Der Anwender muss keine Gefahr durch Berührung oder Einatmen der Ausdünstungen befürchten. Bei der Verarbeitung ist nicht zwingend eine Schutzausrüstung nötig, wodurch weniger Abfall entsteht. Nicht ausgehärtete Reste und Kartuschen können im normalen Restmüll entsorgt werden. Kostenintensiver Sondermüll wird somit vermieden. Auch über die Verarbeitung hinaus ist unser FIS V Zero die nachhaltige Alternative zu anderen chemischen Befestigungslösungen. So erübrigt unsere Produktneuheit eine getrennte Verpackung beim Online-Versand. Dies ist nicht nur attraktiv für umweltbewusste Verwender, sondern ermöglicht auch den Händlern, Verpackungsmaterial zu sparen und die Ressourcen zu schonen. Anders als andere Injektionsmörtel muss der FIS V Zero nicht als Gefahrstoff verschickt und gehandhabt werden. So lässt sich der Aufwand für Lagerung, Verwaltung und Transport geringhalten, was zu Kosteneinsparungen führt.
‘mi‘: Sehen Sie durch die Verwendung des FIS V Zero für Anwender Vorzüge bei der Projektierung von Bauvorhaben – beispielsweise bei Ausschreibungen oder im Beratungsgespräch mit Bauherren? Wie ließen sich diese Vorteile kommunizieren?
Durch den Einsatz des Injektionsmörtels FIS V Zero ergeben sich viele Vorteile für das Projektgeschäft, die sich entsprechend nutzen und kommunizieren lassen. Für zahlreiche Bauvorhaben werden umweltschonende und emissionsarme Produkte bereits vorgeschrieben. Entsprechend hoch ist das Thema Umwelt- und Verarbeiterschutz auch bei Auftraggebern im Projektgeschäft weltweit angesiedelt. Wir bieten in dem Bereich umfangreiche Serviceleistungen. Von der Beratung, Kommunikation und Planung über die Verarbeitung bis zum erfolgreichen Projektabschluss begleiten wir unsere Partner bei all ihren Befestigungsvorhaben.
‘mi‘: Ein kurzer Ausblick auf die Bauwirtschaft 2027: An welchen Lösungen arbeiten Sie aktuell? Worauf müssen sich Planer, Entwickler, Fachhandwerker und -großhändler einstellen?
Wir haben mit unseren chemischen Befestigungslösungen die physikalischen Leistungsgrenzen weitestgehend erreicht. Das heißt, wir nutzen die Tragfähigkeit von Untergrund und Befestigungsmitteln nahezu maximal aus. Weniger als auf höhere Auszugswerte konzentrieren wir uns daher weiterhin auf die Entwicklung von anwenderfreundlichen, nachhaltigen und intelligenten Produkten. Wir fokussieren uns auf geeignete Befestigungslösungen für neue Materialien und veränderte Bauverfahren, wie das modulare und vorgefertigte Bauen mit konstruktiven Klebstoffen und Applikationsverfahren. Außerdem arbeiten wir verstärkt an Lösungen für den Schutz, die Instandsetzung und die Ertüchtigung von bestehenden Bauwerken. Wir bieten unseren Partnern dabei zahlreiche Möglichkeiten der Unterstützung an. Dazu zählen beispielsweise unsere Module C-FIX oder MORTAR-FIX in der FiXperience Software zur Bemessung einzelner Anwendungen und Projekte, Unterstützung bei der Montage und die Bereitstellung von Zubehör.
Seit September 2021 ist der FIS V Zero in den nordischen Ländern sowie in Frankreich, Italien und weiteren europäischen Ländern im gut sortierten Fachhandel erhältlich. Die Vermarktung in Deutschland startete im Dezember vergangenen Jahres.
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