„Das Regime früherer K-Bonus-Richtlinien“: OLG-Klatsche im Bonusstreit
Ende August hat das Oberlandesgericht Düsseldorf im Bonusstreit die Berufung des E/D/E im Interesse des klagenden Fachhändlers Wagner zurückgewiesen ('mi' berichtete in EWG 36/19). In der Sache ging es um die verweigerte Abrechnung und Ausschüttung von Delkredere-Boni (K-Boni), nachdem der Kollege seine Mitgliedschaft beim Einkaufsbüro gekündigt hatte. „Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein solcher Anspruch zu bejahen“, stellen die Düsseldorfer Richter in ihrem Urteilsspruch fest (liegt der Redaktion vor). Und weiter: „Zu Unrecht wendet die Beklagte demgegenüber ein, die Auszahlung der Boni sei nicht als Anspruch, sondern als freiwillige Leistung ausgestattet. Da sie nicht verpflichtet sei, überhaupt einen Bonus auszukehren, sei es ihr unbenommen, festzulegen, nach welcher Maßgabe sie eine Auszahlung vornimmt.“
Hahnebüchen! Sollte man zumindest meinen: Bonusausschüttungen sind ja nicht nur für den Fachhandel eine feste kalkulatorische Größe. Sie werden von der Kooperation selbst als Verbindlichkeit von der Industrie eingefordert! Ein sicherer Automatismus ist die Sache dann allerdings doch nicht, wie das OLG ausführt: „Der Beklagten ist zuzugestehen, dass es grundsätzlich zwar möglich ist, einen Bonus als freiwillige Leistung auszugestalten, die zu einer sonstigen Hauptleistung hinzutritt und das Hauptleistungsversprechen weder modifiziert noch einschränkt.“ In diesem Fall ist die Sache für das Gericht allerdings glasklar: „Dennoch ist vorliegend ein Anspruch der Klägerin auf Auszahlung der in Rede stehenden Boni gegeben; es handelt sich dabei nicht um eine freiwillige Leistung, deren Ausgestaltung im Belieben der Beklagten steht. Maßgeblich ist, dass unter dem Regime früherer K-Bonus-Richtlinien die Rechtsposition der Mitglieder als Anspruch ausgestaltet war.“ Das hätte nicht, wie geschehen, einseitig mittels abgeänderter Vertragsklausel durch das E/D/E ausgeschlossen werden dürfen.
Ebenso unwirksam sei die Bedingung, dass der Anspruch mit Kündigung der Mitgliedschaft entfalle. Und gerade bei diesem kritischen Punkt verpassen die Richter dem E/D/E eine schallende Ohrfeige, die noch sehr lange nachhallen wird! „Die Sanktionierung der Kündigung und der damit beabsichtigte Effekt, die Mitglieder 'bei der Stange' zu halten, kommen unmittelbar der Beklagten selbst zugute. Wie die Beklagte hervorhebt, ist sie ein wirtschaftlich tätiges Unternehmen und keine 'freigiebige Bonusverteilstelle' (Berufungsbegründung vom 13.3.2019, Seite 12, Bl. 231 GA). Als solches profitiert sie ganz direkt von der Ziffer 9.5 der K-Bonus-Richtlinie 2014, indem sie vom Zeitpunkt der Kündigung an den Bonus nicht mehr auskehrt, sowie auch dadurch, dass diese finanzielle Folge kündigungswillige Mitglieder möglicherweise von diesem Schritt abhält.“
Beinahe schadenfreudig klingen die weiteren Ausführungen der OLG-Richter zur Argumentationslinie des E/D/E: „Eine Erklärung dafür, inwieweit die Verbandstreue, deren Fehlen durch den Entfall des Bonusanspruches sanktionert werden soll, ein Aspekt ist, der auch die Interessen der Klägerin [Fachhändler Wagner Sicherheitstechnik, Anm. d. Red.] berücksichtigt, bleibt die Beklagte in ihren wortreichen Ausführungen dazu schuldig.“ Und als letzter Seitenhieb: „Bemerkenswert führt die Beklagte selbst zu der Klausel [...] aus: 'Sie benachteiligt eben nicht sämtliche Mitglieder des Einkaufsverbunds unangemessen, sondern allein solche, die kündigen.' Damit bewertet die Beklagte es sogar selbst als 'unangemessene' Benachteiligung des kündigenden Mitglieds [...].“
'mi'-Zwischenfazit: Das OLG warnte die E/D/E-Vertreter bereits in der Verhandlung, ob sie „das wirklich öffentlich geklärt wissen wollen?“ (EWG 36/19) Der Versuch, die Verbandsmitglieder per Rechtsweg auf Linie zu zwingen, ging gründlich schief: Nun stehen die Wuppertaler mit per höchstrichterlichem Entscheid heruntergelassener Hose da Es ist wahrscheinlich, dass das Einkaufsbüro erneut Rechtsmittel einlegt Das Verfahren und wie Sie als Betroffener nun reagieren können, resümiert in einem Gastkommentar RA Dr. Dennis Groh, LL.M., Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, der u. a. die Firma Odenwälder in ihrem noch laufenden Bonus-Rechtsstreit mit dem E/D/E vertritt Beachten Sie dazu den Kasten 'mi' stellt Ihnen alle aktuellen Urteile in der Sache und unsere maßgebliche Berichterstattung in einer übersichtlichen 'mi'-Arbeitshilfe zusammen, die in Kürze zum Abruf bereitsteht Vorbestellen können Sie diese schon heute per Mail an [email protected]. Geben Sie das Stichwort 'E/D/E Bonusstreit 2019' als Betreff und Ihre Kundennummer im Textfeld ein.
E/D/E unterliegt im Bonusstreit auch in zweiter Instanz
Das OLG Düsseldorf hat mit einem aktuellen Urteil vom 29.8.2019 erneut die Rechte von Mitgliedern des E/D/E gestärkt. Hintergrund des Rechtsstreits war die Klage eines ehemaligen Mitglieds auf Abrechnung des K-Bonus. Bereits in erster Instanz war die Firma Wagner vor dem Landgericht Wuppertal erfolgreich gewesen. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung des E/D/E änderte hieran nichts.
Was war geschehen? Die Firma Wagner war seit 1999 Mitglied des E/D/E. Im Jahr 2011 nahm das E/D/E in der so genannten K-Bonus-Richtlinie einen Vorbehalt auf, wonach die Zahlung des K-Bonus stets freiwillig sei. Nachdem Wagner seine Mitgliedschaft im Jahr 2017 kündigte, verweigerte das E/D/E die Abrechnung und Auszahlung des K-Bonus.
Wie entschied das OLG? Das OLG Düsseldorf urteilte, dass diese Weigerung des E/D/E unberechtigt gewesen ist. Die Zahlung des K-Bonus sei keine freiwillige Leistung, sondern das Mitglied habe einen Anspruch hierauf. Dabei stellte das OLG maßgeblich darauf ab, dass der Anspruch nach den alten K-Bonus-Richtlinien (vor 2011) unproblematisch bestanden habe. Ein einmal bestehender Bonusanspruch könne aber nicht einseitig wieder entzogen werden. Die Rechtslage entspreche derjenigen zur Geltung der alten K-Bonus-Richtlinie. Diesbezüglich hatte das OLG Düsseldorf bereits 2012 einen Anspruch auf Abrechnung und Auszahlung von Boni zuerkannt (Urteil vom 31.12.2012, Az: I-24 U 122/11).
Was bedeutet die Entscheidung für Mitglieder? Die Entscheidung bestätigt die bereits diversen erstinstanzlichen Entscheidungen, wonach der K-Bonus vom E/D/E nicht einseitig entzogen werden kann. Dies gilt jedenfalls für Altmitglieder, die bereits vor Geltung der K-Bonus-Richtlinie 2011 Mitglied waren. In der mündlichen Verhandlung hatte das Gericht auch Überlegungen dahingehend angestellt, diesen Ansatz auf Neumitglieder zu übertragen. Diese Frage ist aber im Urteil nicht aufgegriffen worden.
Noch nicht obergerichtlich geklärt ist, ob es auch einen Anspruch der Mitglieder auf Zahlung der sogenannten Fachkreis-Boni gibt. Allerdings hat das Landgericht Wuppertal in vier Urteilen aus dem Jahr 2018 auch einen Anspruch des Mitglieds auf Fachkreis-Boni zuerkannt. Auch diese Verfahren liegen derzeit dem OLG Düsseldorf zur Überprüfung vor. Entscheidungen sind hier aber nicht vor dem II. Quartal 2020 zu erwarten.
Aus meiner Sicht sprechen gute Gründe dafür, die Wertung des OLG Düsseldorf zum K-Bonus auch auf den Fachkreis-Bonus zu übertragen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass das Mitglied im Einzelfall darlegen und beweisen kann, dass ihm in der Vergangenheit ein solcher Anspruch zugestanden hat. Hierfür ist eine lückenlose Dokumentation der Vertragsunterlagen sowie der Korrespondenz mit dem E/D/E erforderlich. Betroffenen Mitgliedern ist zu raten, rechtzeitig prüfen zu lassen, ob ihnen ein Anspruch auf Zahlung verweigerter Boni zusteht. Denn Bonusansprüche aus dem Jahr 2016 verjähren grundsätzlich zum 31.12.2019, sodass verjährungshemmende Maßnahmen zwingend noch in diesem Jahr ergriffen werden müssten.
Rechtsanwalt Dr. Dennis Groh, LL.M. hat den Prozess in beiden Instanzen beobachtet. Er vertritt aktuell vier weitere Unternehmen, die Ansprüche auf Zahlung von K-Boni und Fachkreisboni gegenüber dem E/D/E geltend machen. Kontakt: www.llr.de;
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