Dienstag, 30. Mai 2023

FDP will sich mehr um den Einzelhandel kümmern

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Man kann es wahrscheinlich der Suche nach potenziellen Wählern zuschreiben, dass die FDP zuletzt nicht nur massiv gegen zentrale Vorhaben von Bündnis 90/Die Grünen opponiert, sondern auch gezielt politische Initiativen für einzelne Zielgruppen ergreift. Den Empfängern dieser Ankündigungen kann an sich egal sein, ob die FDP ähnliche Versprechungen schon in der Vergangenheit gemacht hat, ohne sie dann letztlich in praktizierte Politik umgesetzt zu haben. Denn jeder hat immer wieder eine neue Chance verdient, sich zu beweisen. Deshalb dürfte für viele Einzelhändler interessant sein, was das FDP-Präsidium am 8. Mai unter der Überschrift „Für einen starken Einzelhandel und lebendige Innenstädte“ beschlossen hat.

In dem fünfseitigen Papier werden unterschiedliche Aspekte zur Stärkung des Einzelhandels thematisiert. Gleich im ersten Punkt (Erreichbarkeit verbessern) geht es um das Dauerthema, das Städteplaner und Einzelhändler seit Jahren mehr gegen- als miteinander zu lösen versuchen: die Aufrechterhaltung der automobilen Erreichbarkeit der Geschäfte. Die FDP beschreibt ihrerseits den Spagat so: „Durch die Einführung des Deutschlandtickets zum 1. Mai haben wir die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) deutlich gesteigert und damit auch die Erreichbarkeit des Einzelhandels verbessert. Auch durch den Ausbau von Radwegen in Städten und Gemeinden sorgen wir dafür, dass Menschen individuell mobil sind und lokalen Einkaufszentren treu bleiben. Zugleich müssen aber auch Kundinnen und Kunden, die auf das Auto angewiesen sind, die Möglichkeit haben, schnell in die Städte und Zentren zu kommen und nahegelegene Parkplätze zu finden.“

Deshalb lehnt die FDP „pauschale Fahrverbote, Straßensperrungen gegen den Willen der Anwohnerinnen und Anwohner oder erzieherische und unnötige Reduzierungen von Parkmöglichkeiten“ ab. Sie will stattdessen „mehr Flexibilität und mehr Toleranz beim Parken“. Konkret fordert sie Städte und Gemeinden auf, „bedarfsgerecht kostenloses Kurzparken zu ermöglichen (‘Brötchentaste’). Zugleich sprechen wir uns dafür aus, im eingeschränkten Halteverbot zukünftig das Halten für fünf statt bisher drei Minuten zu erlauben. Dadurch erleichtern wir besonders älteren Fahrern und Beifahrern den nahen Kurzeinkauf, zum Beispiel in Bäckereien oder Apotheken.

Dies sind zwar löbliche Ansätze, aber die Verlängerung der Parkzeit in Halteverbotszonen von drei auf fünf Minuten wird den innerstädtischen Einzelhandel nicht unbedingt retten, soweit er gefährdet ist. Keinesfalls will die FDP aber den Eindruck erwecken, quasi eine reine Autofahrerpartei werden zu wollen. Entsprechend will sie auch, dass rücksichtsloses Parken im Parkverbot und besonders auf Gehwegen, Fahrradwegen und Feuerwehrzufahrten konsequent geahndet werden“ müsse. So manche Kommune dürfte die Prioritäten dabei anders setzen, als es sich die FDP vorstellt.

Als zweiten Schwerpunkt hat die FDP sich in dem Beschluss des Bürokratieabbaus für den Handel angenommen. Hierunter fasst sie Initiativen wie die Abschaffung der Bonpflicht und mehr Sonntagsöffnungen. Letzteres ist ein gerade unter kleineren Geschäftsinhabern nicht unbedingt beliebtes Mittel zur Umsatzankurbelung. Es wird auch durch den ständigen Hinweis auf die 24-stündigen Öffnungszeiten des Onlinehandels an sieben Tagen der Woche nicht angenehmer für diese Zielgruppe.

Geht es nach der FDP, soll es ein viertes Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) geben, „um Unternehmen weiter zu entlasten“. Das soll „eine Vereinfachung von Auflagen für Ladenlokale im Bau- und Ordnungsrecht“ enthalten, „um eine schnellere und reibungslose Eröffnung und Belebung von Innenstädten nach sich“ ziehen.

Weitere Kapitel beschäftigen sich mit der Fachkräftegewinnung und fairen Energiepreisen. Letzter Punkt des Papiers ist die „Faire Besteuerung“. Hierunter fasst die FDP die Absenkung der Stromsteuer auf das europarechtliche Mindestmaß, das Inflationsausgleichsgesetz mit der Milderung der Kalten Progression sowie die Abschaffung des Solidaritätszuschlags für „GmbHs und andere Körperschaften“. Schließlich will die FDP auch noch den deutschen Sonderweg bei der Gewerbesteuer beenden. Ein Unterfangen, das seit Jahre diskutiert wird, aber wohl auch trotz dieses FDP-Vorstoßes nicht umgesetzt werden dürfte. Ähnlich dürfte es dem Vorschlag ergehen, „die Freibeträge der Erbschaftssteuer um 25 Prozent anzuheben und diese künftig automatisch an die Inflation anzupassen“.

Fazit: Um einmal den Altkanzler Dr. Helmut Kohl zu zitieren: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“ Es ehrt die FDP, dass sie sich um den Fortbestand des innerstädtischen Einzelhandels Sorgen macht. Ihre Vorschläge enthalten auch sinnvolle Maßnahmen, wobei man wie immer im Detail anderer Meinung sein kann. Nur gerade vor dem Hintergrund der Geschichte politscher Ankündigungen der FDP wird es für die Zustimmung zur Partei im Einzelhandel darauf ankommen, was sie am Ende wirklich in diesen Feldern umsetzt.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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