Mittwoch, 05. April 2023

Müssen Kölner Ausbildungsbetriebe die Sanierung der IHK-Zentrale mit verdreifachten Ausbildungsgebühren bezahlen?

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Zugegeben, die Fragestellung ist ziemlich zugespitzt, aber nicht wenige Ausbildungsbetriebe der IHK Köln (offizieller Name: IHK zu Köln) werden den Vorgang, um den es hier geht, so interpretieren. Doch der Reihe nach: Jahrelang haben die Gremien der IHK Köln darüber gestritten, was mit ihrer Zentrale geschehen soll: Sanierung, Neubau oder Umzug? Nachdem dann endlich entschieden wurde, ein neues Quartier in Köln Mülheim anzumieten, wurde die Entscheidung zwei Jahre später wieder rückabgewickelt. Inzwischen hat sich die Kammer entschieden, ihre Hauptstelle zu sanieren. Zu welchem Preis ist offen.

Insider schätzen, es könnten wohl mindestens 100 Millionen Euro werden, Tendenz inzwischen eher120 Millionen Euro. Geld, das die IHK bei ihren Zwangsmitgliedern einsammeln muss. In der Vergangenheit hat sie dies schon häufiger dadurch getan, indem sie unzulässig Vermögen durch rechtswidrige Rücklagen gebildet hat. Da Mitglieder des Bundesverbands für freie Kammern (bffk) erfolgreich dagegen vorgegangen sind, ist die Kammer insoweit offenbar vorsichtiger geworden. Dafür hat sie nun ein neues Feld entdeckt, wie sie an mehr Geld kommen kann.

Sie hat die Gebühren für ihre Dienstleistungen im Bereich Aus- und Weiterbildung erhöht. Und zwar nicht zu knapp. Der entsprechenden Pflichtmitteilung im Bundesanzeiger vom 10. März ist zu entnehmen, dass die Vollversammlung der Kammer am 13. September 2022 die Gebühren für Aus- und Weiterbildung neu geregelt hat. Die neue Gebührenordnung wurde vom nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium unter Mona Neubaur (Bündnis 90/Die Grünen) am 2. März 2023 genehmigt. Und da die Kammer die Gebühren im Extremfall um fast 650(!) Prozent erhöht hat, hat sie die Erhöhung auf zwei Termine gesplittet. Seit März gelten neue Tarife, die dann zum 1. Juni 2023 erneut angehoben werden. Ob dies die irrsinnigen Erhöhungen irgendwie niedlicher aussehen lassen soll, wissen wir nicht. Sollte es so sein, wäre diese Überlegung schlicht eine Veräppelung der Mitglieder.

Über drei Seiten ziehen sich die Änderungen hin. Sie können Sie bei Interesse selbst nachlesen. Um nur eine Vorstellung über das Ausmaß dieser Erhöhungen zu geben, sollen hier drei Beispiele genügen: ● Die Kosten der Zwischen- oder Abschlussprüfung Verkäufer(in) steigen in zwei Schritten von 77 Euro auf 378 Euro, was einer Steigerung um 390 Prozent entspricht! ● Die Prüfung für Externe und Umschüler für Verkäufer/in steigen von 51 Euro auf 382 Euro, was einer Steigerung um 649 Prozent bedeutet ● Die Prüfung von Zusatzqualifikationen für Auszubildende bei Fremdsprachen steigt von 77 Euro auf 357 Euro. Das macht eine Steigerung um 364 Prozent.

Wie der Kölner Stadtanzeiger, der zuerst über diesen Vorgang berichtet hat, recherchiert hat, sind die neuen Gebühren auch im Vergleich zu anderen IHKn sehr hoch, gegenüber Düsseldorf etwas doppelt so hoch. Gegenüber der Zeitung beruft sich die IHK Köln darauf, die Gebühren in der beruflichen Bildung seien seit 25 Jahren nicht angepasst worden. Der Bereich sei „in hohem Maße defizitär“ gewesen. Mag sein, allerdings müsste bei dieser Betrachtungsweise dann schon der Gesamthaushalt der IHK zum Vergleich genommen werden, sofern es um die Berechtigung der Gebührenerhöhungen geht. Denn hätte die IHK bei ansonsten gleicher Kostenstruktur in der Vergangenheit höhere Gebühren in diesem Bereich verlangt, hätte sie im Gegenzug dafür die Beiträge senken müssen, da sie keine Gewinne machen darf. Das hat sie aber gerade nicht getan.

Die Argumentation der IHK ist reine Rosinenpickerei. Wir hegen den Verdacht, die IHK Köln versucht, durch diese exorbitante Gebührenerhöhung einfach ein Polster aufzubauen, um die Sanierung ihrer Zentrale Unter Sachsenhausen finanziell etwas abzupuffern. Dass die Aufsichtsbehörde diese Gebührenordnung durchgewunken hat, sagt dann auch wieder viel darüber aus, wie ernst diese Aufgabe im Wirtschaftsministerium genommen wird, und zwar egal, wer dort der Chef/die Chefin ist!


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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