Dienstag, 28. März 2023

Verkehrte Insolvenz-Welt in der Krise

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Wer sich die aktuellen Insolvenzzahlen in Deutschland anschaut, erkennt ein eher unerwartetes Ergebnis: Trotz jahrelanger Krisen ist die Insolvenzquote kontinuierlich gesunken. Seit dem letzten Höhepunkt der Insolvenzzahlen – rund 33.000 Insolvenzen 2009 als Folge der Finanzmarktkrise – ist die Zahl kontinuierlich auf 14.000 Fälle gesunken. Erst seit 2021 ist wieder ein Anstieg zu verzeichnen, der allerdings mit 14.700 Fällen Ende 2022 immer noch sehr moderat ausgefallen ist. Ein Ergebnis, das an sich jeder volkswirtschaftlichen Logik widerspricht. Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung und Pressesprecher der creditreform, bezeichnet es gegenüber ‘mi’ geradezu als „Insolvenzparadoxon“.

Es erklärt sich aus zwei Faktoren: Zum einen hat der Gesetzgeber die Insolvenzquote künstlich gesenkt, indem er die Insolvenzantragspflicht zeitweise ausgesetzt hat. Zum anderen, darauf weist Hantzsch hin, reagiert der Gesetzgeber auf die Krisen mit dauerhaften staatlichen Subventionen. Angefangen von der Scholz‘schen Bazooka bis zu den diversen Hilfen im Zuge des Angriffs Russlands auf die Ukraine („Doppel-Wumms“) pumpt der Staat Milliarde um Milliarde zu den Unternehmen und Verbrauchern. Ein gefährliches Unterfangen. Denn, so Hantzsch, „so richtig und wichtig die finanzielle Unterstützung der Unternehmen zu Beginn der Corona-Pandemie war zwar, so gefährlich ist die dauerhafte finanzielle Unterstützung, um schlimme Krisenfolgen abzuwenden“. Liquidität sei zwar ein wichtiger Parameter, aber wichtiger sei die Rentabilität der Unternehmen. „Nur weil ich als Unternehmen meine Rechnungen bezahlen kann, arbeite ich noch nicht rentabel“, erläutert er das dahinterstehende Problem.

Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass der Zinsdeckungsgrad sich von 2019 bis 2021 gegenüber der Periode von 2014 bis 2016 bei zwei Drittel der Unternehmen verschlechtert hat. Wie gefährlich es ist, Unternehmen und Verbraucher dauerhaft staatlich zu subventionieren, belegt nach Meinung Hantzschs einerseits das sich verschlechternde Zahlungsverhalten der Unternehmen und andererseits die eher trüben Aussichten. Die Lage sei, so Hantzsch, „vermeintlich stabil, aber die Aussichten sind mittelfristig schlecht“. Ein Parameter dafür sind die Gewinnerwartungen im Handwerk. Diese sind seit 2018 bis 2021 massiv gesunken und nach einer kurzen Erholung in 2022 wieder auf Talfahrt. Ebenso bedenklich sei die Eigenkapitalausstattung der Handwerksunternehmen.  Die Quote der Betriebe mit einer insolvenzrechtlich gesehen dünnen Eigenkapitaldecke von weniger als zehn Prozent bewege sich unverändert  auf einem Niveau von über 34 Prozent.

Als wohl größtes Problem der wirtschaftlichen Entwicklung beurteilt Hantzsch die mangelnde Planungssicherheit der mittelständischen Unternehmen. Entsprechend gedämpft fällt sei Fazit zur aktuellen Situation der Unternehmen und deren weiterer wirtschaftlicher Entwicklung aus: „Ja, die Lage ist besser als viele vor einigen Monaten gedacht haben. Die Rezession ist nicht mit voller Macht über die Unternehmen gekommen. Die Aussichten sind hier deutlich trüber. Viele der krisenhaften Entwicklungen werden erst mit deutlicher Verzögerung spürbar, so wie die dauerhafte Subventionspolitik des Staates und die anziehenden Zinsen. Die kommenden Monate werden schon deutlicher zeigen, wie resilient der Mittelstand in Deutschland wirklich ist.“


Verfasst von: markt-intern Verlag | Kommentare (0)

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