Donnerstag, 16. Februar 2023

Libra wird zum unsäglichen Fortsetzungsroman

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Ende Januar hatten wir einen Beitrag des ‘markt intern’-Justiziar Dr. Gregor Kuntze-Kaufhold zum Justizportal der juris GmbH, „Libra – das Rechtsbriefing“, veröffentlicht. Die juris GmbH steht mehrheitlich im Besitz des Bundes. Anlass für Kuntze-Kaufhold, sich mit Libra zu beschäftigen, war eine parlamentarische Anfrage des CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Martin Plum aus dem Dezember des vergangenen Jahres, der in dem Newsletter u. a. einen unzulässigen Eingriff in die Staatsferne der Presse sieht. Kuntze-Kaufhold teilt diese Kritik, sieht aber zusätzlich auch noch zumindest den Anschein einer parteipolitischen Ausrichtung des Newsletters Portals. Die Beiträge trieften von FDP-Parteipolitik, ist seine Einschätzung.

Inzwischen gibt es eine sehr umfangreiche Kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur juris GmbH und zu Libra. Wir werden darüber berichten, sobald uns die Antwort der Bundesregierung dazu vorliegt. Doch nicht nur die CDU/CSU beschäftigt sich mit Libra, auch die AfD-Bundestagsfraktion. Deren Abgeordneter Tobias Matthias Peterka wollte von der Bundesregierung wissen, ob Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann (FDP) geeignete Maßnahmen zu treffen gedenke, „um Veröffentlichungen der Plattform ‘Libra’ abzustellen oder dem Leser die aus meiner Sicht vorhandene mangelnde Staatsferne in Bezug auf die dortigen Nachrichtenveröffentlichungen eindeutig kenntlich zu machen“.

Man ahnt, wie die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister der Justiz, Benjamin Strasser (FDP-Bundestagsabgeordneter), ausgefallen ist. Strasser betont, die Juris GmbH sei ein privates Unternehmen. Dessen Aufsichtsrat, dem neben einem Vertreter des Bundesjustizministeriums (BMJ) auch ein Vertreter des Bundesfinanzministeriums und ein Vertreter des Bundesinnenministeriums angehören, sei lediglich über die Schaffung des Portals informiert worden. „Sowohl die Entwicklung als auch der laufende Betrieb des Angebots wurden bzw. werden aus eigenen Mitteln der juris GmbH und nicht vom Bund finanziert“, lässt Strasser Peterka wissen. Das BMJ nehme „in keiner Weise Einfluss auf die inhaltliche oder sonstige Ausgestaltung des Libra Rechtsbreifings“.

Eine geradezu heuchlerische Antwort. Kuntze-Kaufhold entlarvt diesen Taschenspielertrick so: Der Staat hat sich (mal wieder) selbst die Hände gebunden, indem er private Mitgesellschafter in seine Beteiligung hineingelassen hat. Denn jetzt muss er – leider, leider – deren privatwirtschaftliche Interessen beachten. Er kann also nicht einfach das tun, was er, glaubt man Strasser, am liebsten tun würde, nämlich zurückrudern und von der Beteiligung verlangen, dass sie aufhört, das zu tun, was sie nicht tun dürfte, wäre der Staat zu 100 Prozent engagiert.“

Aber es kommt noch besser. Strasser teilt weiter mit, „die nun aufgeworfene Frage der Vereinbarkeit des Libra Rechtsbriefings mit dem aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes folgenden Gebot der Staatsferne der Presse“ nehme das BMJ „sehr ernst. Hierzu wird das BMJ ein unabhängiges Gutachten durch einen Hochschullehrer erstellen lassen. Ein dahingehendes Vergabeverfahren wurde durchgeführt und auf dieser Grundlage ein Gutachten in Auftrag gegeben.“

Das bringt Kuntze-Kaufhold endgültig ‘auf die Palme’: Abgesehen davon, dass es peinlich ist, wenn der Staat Strukturen schafft, die er selbst nicht überblickt, stört mich hieran, dass durch die Gutachteritis eine strukturelle Korruption heraufbeschworen wird. Denn die beauftragten Gutachter werden desto abhängiger, je öfter der Staat sie dafür bezahlt, ihm aus der Klemme zu helfen – und das geschieht ja fast schon standardmäßig.“ Wollen wir wetten, wie das Gutachten ausfällt?


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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