Mittwoch, 01. Februar 2023

Bevorzugen die Länder den Bund bei der Grundsteuerfeststellungserklärung?

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Am 31. Januar ist die Frist zur Abgabe der „Feststellungserklärung zur Grundsteuer“ abgelaufen. Ab jetzt sind Grundeigentümer rechtlich mit ihrer Meldung in Verzug und es können Verspätungszuschläge festgesetzt werden. Seit gestern gibt es eine Ausnahme dazu für Immobilieneigentümer in Bayern. Dazu später mehr. Die Frist lief ursprünglich bereits am 31. Oktober 2022 ab, wurde aber durch die Vereinbarung der Finanzbehörden der Länder, die am 4. November 2022 vom Bundesministeriums der Finanzen (BMF) öffentlich bekannt gemachte wurde, bis zum 31. Januar 2023 verlängert. So weit, so gut. Offenbar gilt die Frist aber nicht für alle. Zumindest könnte man den Eindruck gewinnen.

Herausgekommen ist dies durch eine parlamentarische Anfrage des Hamburger CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Christoph Ploß. Der hatte die Bundesregierung im Januar gefragt, „für wie viele der sich im Bundeseigentum befindlichen Immobilien“ der Bund eine Grundsteuererklärung abgegeben habe. Die Antwort hat wohl nicht nur Ploß überrascht. Zwar weniger, was die Anzahl der Immobilien betrifft (rund 26.000), dafür aber umso mehr, soweit es den Umgang mit der Frist zur Abgabe der Erklärung geht.

Denn in der Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Florian Toncar für die Bundesregierung heißt es, die für die Grundsteuermeldung zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) habe sich statt einer „händischen Einreichung gegenüber einer Vielzahl verschiedener Finanzämter deutschlandweit“ für eine IT-Lösung entschieden. Das ist sicher sinnvoll. Nun aber kommt eine doch recht eigenartige Erläuterung, bis wann diese IT-Lösung die Daten übermittelt: „Mit der Datenerhebung sowie -pflege ist Mitte 2022 begonnen worden. Im Januar 2023 werden die ersten Blöcke der Grundsteuererklärungen über die Schnittstelle zum ELSTER-Verfahren übermittelt. Die BImA konzentriert sich dabei zunächst auf die steuerpflichtigen Liegenschaften, für die die Meldungen planungsgemäß zum 31. März 2023 abgeschlossen sein sollen.“ Abschließend lässt Toncar wissen, die BImA stehe „hierzu weiterhin in ständigem engem Austausch mit den Landesfinanzverwaltungen“.

Frage 1: Warum hat der Bund, konkret die BImA, erst Mitte 2022 mit der Datenerhebung begonnen? Und, noch viel wichtiger, Frage 2: Warum gilt für die BImA offenbar eine ganz andere Frist? Denn die BImA, so erläutert Toncar, will die Meldungen zu den grundsteuerbefreiten Liegenschaften, die gleichwohl gemeldet werden müssen, erst nach Meldung der grundsteuerpflichtigen Grundstücke beginnen, sodass „nach der jetzigen Planung bis zum 30. September 2023 die notwendigen Erklärungen für die Hauptfeststellung für sämtliche Liegenschaften der BImA abgeschlossen sein sollen“.

Wieso kann sich der Bund so lange Zeit lassen? Unser erster Versuch, diese Frage zu beantworten, beginnt beim BMF. Von ihm wollten wir wissen, warum für den Bund eine längere Frist gilt und woraus sich diese ergibt. Die Antwort ist durchaus umfangreich ausgefallen. Im entscheidenden Punkt allerdings eher dürftig. Offenbar ist der Bund ein Opfer der Großzügigkeit der Bundesländer geworden. Denn das BMF teilt uns mit, generell sei „zu beachten, dass die Frist nicht auf einer bundesgesetzlichen Regelung fußt, sondern auf Festlegungen der Länderseite beruht. Die Länder setzen die Frist zur Abgabe einer Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts nach eigenem Ermessen und hatten im Oktober 2022 die Abgabefrist verlängert.“

Stimmt, aber halt nicht bis Ende März, geschweige denn Ende September. Deshalb wird seitens des BMF erläutert, die Umsetzung der Grundsteuerreform obliege den Ländern. Dies gelte auch für mögliche Fristverlängerungen nach der Abgabenordnung (z.B. § 109) bzw. nach landesrechtlichen Regelungen. Für die bisher bereits grundsteuerpflichtigen Liegenschaften“, so heißt es weiter in der Antwort, „wurde jeweils Fristverlängerung bis Ende März 2023 beantragt. Für die bisher grundsteuerbefreiten Liegenschaften war jeweils Fristverlängerung bis Ende September 2023 beantragt worden.“

Ob sie gewährt wurden, wollte das BMF nicht sagen, hat uns vielmehr empfohlen, uns dafür an die Finanzverwaltungen der Länder zu wenden. Haben wir gemacht. Der Erkenntnisgewinn ist sehr unterschiedlich ausgefallen, weil die Antwort auf die Behandlung der Fristverlängerungsanträge regelmäßig mit dem Hinweis auf das Steuergeheimnis verweigert wurde. Es gibt aber dennoch einige Erkenntnisse. Zudem verweist das BMF darauf, die Meldungen zum Grundbesitz des Bundes, die im Eigentum der BImA stehen, seien „vielfach keine Standardimmobilien (z.B. Einfamilienhaus oder Eigentumswohnungen)“. Der Umstellungsaufwand unterscheide sich daher „wesentlich von dem anderer Steuerschuldner:innen mit großen Immobilienbeständen“.

Um es vorweg klar zu sagen: Jeder Grundsteuereigentümer kann eine Fristverlängerung nach § 109 der Abgabenordnung (AO) beantragen. Also auch der Bund. Und ja, vieler der bundeseigenen Immobilien sind nicht mit den üblichen Ein- oder Mehrfamilienhäusern zu vergleichen. Aber es gibt auch viele private Grundstückeigentümer, die über sehr komplexe Immobilien verfügen. Da wirkt es einigermaßen empörend, dass sich der Bund in Absprache mit den Ländern eine weitere Verlängerungsfrist einräumen lässt, während den privaten Eigentümern mit Verspätungszuschlägen gedroht wird. Zumal reichlich Zeit war, sich darauf vorzubereiten.

Kommen wir zu den Erkenntnissen, die wir den Antworten der Länder, soweit sie uns bisher vorliegen, neben dem Hinweis, wegen des Steuergeheimnisses keine Auskünfte zur Bewilligung der beantragten Fristverlängerung geben zu können, entnommen haben (sollten neue Erkenntnisse hinzukommen, werden wir sie nachtragen): ● Schleswig-Holstein gibt zum Stand der vom Land selbst abzugebenden Erklärungen an, im Bereich der Zentralen Gebäudebewirtschaftung des Landes die erforderlichen 57 Erklärungen allesamt fristgerecht erledigt zu haben. Im Bereich des Dienstleistungszentrums Personal seien107 von 108 Erklärungen abgegeben worden. Der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz habe als Küstenschutzbehörde 141 Erklärungen abzugeben (ca. 3.500 Flurstücke). 45 davon seien eingereicht. Vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume seien alle erforderlichen 24 Erklärungen eingereicht worden. Der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr habe seine notwendigen 125 Erklärungen fristgerecht abgegeben

● Hessen hat für seine eigenen Immobilien keine Fristverlängerung beantragt. Vielmehr hat das Land „bis zum Ende der Abgabefrist für alle steuerpflichtigen wirtschaftlichen Einheiten eine Erklärung abgegeben. In Summe über 5.000 Erklärungen“ In einer aktuellen Pressemitteilung der OFD Frankfurt vom heutigen Tag erklärt der hessische Finanzminister Michael Boddenberg, die hessische Steuerverwaltung werde „unmittelbar nach Ostern Erinnerungsschreiben an diejenigen verschicken, die bis dahin immer noch nicht abgegeben haben. Das wird die letzte Erinnerung sein. Wer sich dann immer noch nicht bei seinem Finanzamt gemeldet hat, muss damit leben, dass die Steuerverwaltung seine nicht vorhandenen Angaben schätzt und den Grundsteuermessbetrag festsetzt.“ De facto läuft dies auf eine Fristverlängerung bis Ende April hinaus.

● Mecklenburg-Vorpommern legt Wert auf die Feststellung, Fristverlängerungsanträge hätten „eine detaillierte Aufstellung über die Anzahl und die jeweiligen Zeitpunkte der einzureichenden Erklärungen zu enthalten“. Die Gewährung von mit Abarbeitungsplänen verbundenen Fristverlängerungen für die Abgabe von Erklärungen richte „sich nach den im Antrag vorgetragenen Gründen und dem vorgeschlagenen Zeitplan für die Erklärungsabgabe, nicht nach dem antragstellenden Eigentümer“ ● Bayern hat gestern angekündigt, die Frist zur Erklärung für alle Grundstückseigentümer bis Ende April 2023 zu verlängern! Die dafür erforderliche Verfügung ist allerdings dem Onlineauftritt des Ministeriums bzw. der Seite Grundsteuer in Bayern noch nicht zu entnehmen (Anm. vom 7. Februar 2023: Inziwschen ist sie dort verlinkt). Ergänzend teilt heute das Bayerische Landesamt für Steuern mit, in Bayern gelte für Fälle vollständig grundsteuerbefreiten Grundbesitzes, dass „für bestimmte schon bisher vollständig grundsteuerfreie wirtschaftliche Einheiten von juristischen Personen des öffentlichen Rechts keine Grundsteuererklärung abgegeben werden muss. Hierzu wird auf die Verfügung vom 28. Oktober 2022 verwiesen.“

● Thüringen stellt auf die Komplexität der Erklärungen für den Bund ab, die eine fristgerechte Erklärung zur „Herausforderung“ mache. Private mit gleich großen Immobilienbeständen würden jedoch auch so behandelt: Die sog. ‘Großkunden’, die auch im Bereich der Privatwirtschaft zu finden sind, begegnen diesem Umstand mit der Abgabe von zeitlich befristeten Abarbeitungsplänen, in denen die (zeitliche) Reihenfolge der Erklärungsabgabe, beginnend mit den steuerpflichtigen Grundstücken, dargestellt wird. Stimmt das Finanzamt einem solchen Plan zu, handelt es sich dabei um eine Fristverlängerung.“ Selbstverständlich könne auch ein ‘normaler’ Eigentümer mit sehr überschaubarem Grundbesitz (einstellige Zahl von Grundstücken) einen Fristverlängerungsantrag stellen. Er müsse „allerdings überzeugend vortragen, warum er innerhalb von nunmehr sieben Monaten (01.07.2022 bis 31.01.2023) nicht zur Erklärungsabgabe in der Lage gewesen ist. Deshalb dürfte eine Fristverlängerung in den Fällen mit geringfügigem Grundbesitz die Ausnahme sein.“

● Baden-Württemberg teilt mit, bei der Grundsteuer A sei „für die Abgabe noch Zeit bis zum 31. März 2023. Die Informationsschreiben hierfür sind erst im Januar versendet worden.“ Für die übrigen Grundsteuererklärungen gelte eine „Kulanzphase“ für alle, die die Frist nicht eingehalten haben, bis zum Ende des ersten Quartals. „Solange haben alle Eigentümerinnen und Eigentümer, die die Frist verpasst haben, keine negativen Folgen zu befürchten.“ ● Auch in Sachsen können Eigentümer von sehr umfangreichem Grundbesitz beim Finanzamt mit einer entsprechenden Begründung eine zeitlich gestaffelte Erklärungsabgabe über den 31. Januar 2023 hinaus beantragen. Dazu müssen sie einen Abarbeitungsplan vorlegen, welcher konkrete Angaben zu den jeweiligen Grundstücken (Aktenzeichen und jeweils zugehörige Flurstücke) sowie die Angabe enthalten muss, bis wann jeweils die Erklärung abgegeben wird. Zusätzlich ist die geplante Erklärungsabgabe von Grundbesitz mit voraussichtlich hohem Grundsteuerwert zu priorisieren.“

● Niedersachsen hat nach Angaben des dortigen Finanzministeriums davon abgesehen, „mit Eigentümern einer Vielzahl von Grundstücken oder mit Angehörigen von steuerberatenden Berufen sog. Abarbeitungspläne zu vereinbaren oder allgemeine Fristverlängerungen zu gewähren. Im Übrigen besteht die Besonderheit, dass für Liegenschaften, die bisher steuerbefreit waren und auch künftig steuerbefreit sein werden, keine Steuererklärungen abzugeben sind.“ Letzteres überrascht, ergibt sich aber, so das Ministerium, „aus der öffentlichen Bekanntmachung des Landesamts für Steuern Niedersachsen vom 21.3.2022 (Nds. MBl. S. 342)“. Abschließend teilt das Ministerium mit, „begründete Fristverlängerungsanträge“ seien im Einzelfall möglich, „aber bislang nur in sehr wenigen Fällen gestellt worden“.

● Auch das Finanzministerium des Saarlandes betont, die Fristen seien grundsätzlich einzuhalten, in berechtigten Fällen könne jedoch eine Fristverlängerung beantragt und erteilt werden. Aus diesem Grund gestehe die saarländische Finanzverwaltung „bestimmten Steuerpflichtigen, die eine hohe Anzahl von Steuererklärungen einreichen müssen, zu, sukzessive, bis spätestens 30.09.2023 die Erklärungen einzureichen. Voraussetzung ist dabei, dass laufend Erklärungen übermittelt werden. Vereinbart wurde diese Regelung insbesondere mit Unternehmen oder auch Gebietskörperschaften, die dargelegt haben, dass der vorhandene Personalkörper nun zusätzlich die Erklärungsabgabe vornimmt und die Masse der Grundstücke (mehrere 100 bis in die Tausende) trotz frühzeitiger Vorbereitungsarbeiten und Datenaufbereitung nicht fristgerecht erfolgen kann.“

● Die Finanzbehörde in Hamburg stellt fest, Fristverlängerungen gebe es „nur im Ausnahmefall und lediglich grundstücksbezogen“. In diesen Einzelfällen seien „die besonderen Gründe vorzutragen, weshalb nach sieben monatiger Erklärungsfrist die Abgabe einer Steuererklärung nicht möglich ist“. Finanzsenator Dr. Andreas Dressel betont zudem, die Abgabefrist gelte in Hamburg „für alle, die Immobilien besitzen – für Privatpersonen genauso wie die öffentliche Hand.“ Es werde „tatsächlich von Fall zu Fall entschieden. Für den Bund gelten dabei keine anderen Regeln als für alle anderen auch.“ Hamburg habe für die eigenen, städtischen Liegenschaften bis zum Fristablauf eine Abgabequote von rund 91 Prozent erreicht. „Für die restlichen komplexen Fälle“, so Dressel, „beantragen wir jeweils einzeln Fristverlängerungen. Auch für uns war das ein sehr anspruchsvoller Prozess, gerade auch im Hinblick auf die Vielzahl und Heterogenität der Objekte. Gleichwohl haben wir natürlich alles dafür getan, die von uns selbst gesetzte Frist einzuhalten, genau wie die Bürgerinnen und Bürger dies von uns zu Recht erwarten.“

● In Brandenburg, betont das Finanzministerium, gelte „grundsätzlich für alle Erklärungspflichtigen der 31. Januar 2023 als Abgabefrist für die Grundsteuerwerterklärung.“ In begründeten Einzelfällen bestehe die Möglichkeit der Fristverlängerung. Bei Grundstücken, die bereits vor dem 1. Januar 2022 vollständig grundsteuerbefreit gewesen sind, werde in Brandenburg „eine Erklärungsabgabe der Eigentümer bis zum 31. Dezember 2023 nicht beanstandet. In diesen Fällen sind auch keine Fristverlängerungsanträge erforderlich.“

Ploß hat sich seine Meinung zu dem Thema gebildet, wie er uns bereits Ende letzter Woche (also vor den aktuellen Entwicklungen) mitgeteilt hat: „Millionen Eigenheimbesitzer und Steuerberater sind gezwungen, bis Monatsende unter Hochdruck und rechtlichen Unsicherheiten ihre Grundsteuererklärung fertigzustellen. Dabei hat das zuständige Finanzministerium selbst noch keine einzige Steuererklärung für seine Immobilien abgegeben. Den Bürgern eine viel zu knappe Frist aufzudrücken, die nicht einmal die eigene Verwaltung einhalten kann, ist eine Frechheit gegenüber den Eigenheimbesitzern in Deutschland.“


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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