Dienstag, 31. Januar 2023

HDE prognostiziert schwieriges Jahr für den Einzelhandel

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Die Jahresauftakt-Pressekonferenz des Handelsverbands Deutschland (HDE) war der erste größere Presseauftritt seines neuen Präsidenten Dr. Alexander von Preen. Er hätte sich wahrscheinlich gewünscht, frohere Botschaften aus Sicht der Handelsunternehmen verkünden zu können. Aber auch für HDE-Präsidenten gilt: Die Tätigkeit ist kein Wunschkonzert. Also musste von Preen als Prognose für das laufende Jahr einen realen Umsatzrückgang von drei Prozent verkünden. So stark war der Umsatz in der Branche zuletzt im Zuge der Finanzmarktkrise 2009 (–3,3 Prozent) zurückgegangen. Das sagt eine Menge über die fragile Situation des Einzelhandels aus.

Zwar hat der private Konsum fast wieder das Niveau von 2019 erreicht, aber gleichzeitig sind bei den Unternehmen wie bei den Verbrauchern vielfach die Kosten durch die Decke geschossen. Das hat naturgemäß Auswirkungen auf die Ertragssituation der Unternehmen und die Ausgabebereitschaft der Verbraucher. Da zudem Lebensmittel zuletzt neben den Energiestoffen die höchsten Preissteigerungen zu verzeichnen hatten, bleibt für die Verbraucher für andere Ausgaben logischerweise weniger Raum. Die stationären Betriebe müssen zudem seit zwei Jahren mit sinkenden Kundenfrequenzen klarkommen.

2022 war sogar für den Onlinehandel ein Jahr mit realem Umsatzrückgang. Der nominelle Rückgang um zwei Prozent wurde aufgrund der Inflation real zu einem Minus von 6,9 Prozent. Selbst das Weihnachtsgeschäft brachte dem Onlineumsatz kein Happy End. Er ging selbst hier real um 4,5 Prozent zurück. Allerdings hat sich damit im Wesentlichen die Umsatzentwicklung normalisiert, die sich während der Lockdownphasen extrem beschleunigt hatte. Für 2023 geht der HDE daher wieder von einem Wachstum des Onlineumsatzes um real vier Prozent aus, während er den stationären Umsatz real mit einem Minus von vier Prozent vor einer weiteren Schrumpfung sieht. Käme es so, würde der Versandumsatz 14,8 Prozent der gesamten Handelsumsätze ausmachen. Wichtig: 56 Prozent der HDE-Mitglieder verkaufen unverändert ausschließlich stationär. Der Anteil der Hersteller am Onlineumsatz ist nach Angaben des Onlinemonitors des HDE im Übrigen seit 2013 von 10 Prozent auf 9,6 Prozent Ende 2021 gesunken. In absoluten Zahlen hat deren Umsatz damit gleichwohl deutlich zugenommen. Stark eingebüßt haben in dem Bereich allein die klassischen Versandhändler des analogen Zeitalters. Prozentual am stärksten zugelegt haben dagegen die stationären Händler beim Onlineumsatz.

Für das laufende Jahr sieht der HDE „vielfältige Risiken“ für die Geschäftsentwicklung: Ukrainekrieg, Coronakrise (stellvertretend für Infektionskrankheiten), anhaltende Lieferschwierigkeiten und eine „Nachzahlungswelle“ bei den Energiekosten. Das Konsumverhalten der Verbraucher werde vor diesem Hintergrund neu justiert. Die Kaufzurückhaltung erreiche die Mittelschicht. Entsprechend sähen 51 Prozent der rund 900 Unternehmen, die sich an der Frühjahresumfrage des HDE beteiligt haben, rückläufige Erträge auf sich zukommen.

Erfreulicherweise hat der Einzelhandel allen Krisen zum Trotz weiter Personal aufgebaut: rund 70.000 Stellen, darunter 30.000 Vollzeitstellen zum Stichtag 30. Juni 2022 gegenüber dem 30. Juni 2019. Aber im Dezember 2022 gab es trotzdem fast 51.000 offene Stellen. Klar, auch der Einzelhandel kämpft mit dem Fachkräftemangel und einem Arbeitnehmermarkt, bei dem sich begehrte Arbeitskräfte die für sie lukrativsten Angebote aussuchen können. Dabei gibt es erstaunliche Differenzen in den einzelnen Handelsbranchen. So melden die Arbeitgeber bei Heim- und Haustextilien zu 90 Prozent Probleme bei der Mitarbeitergewinnung, aber nur 23 Prozent sagen dies in der Spielwarenbranche. Scherzhaft könnte man sagen, offenbar spielen die Angestellten lieber als Vorhänge zu verkaufen.

Von der Politik erwarte der Verband eine Arbeitszeitreform, die zu einem modernen Arbeitszeitrahmen führt. Nicht mehr vorrangig die tägliche Arbeitszeit sollte das Maß der Dinge sein, sondern die wöchentliche Arbeitszeit. Es brauche aufgrund der demografischen Entwicklung „eine mutige Zuwanderungspolitik“ und die Attraktivität der dualen Berufsausbildung müsse besser kommuniziert werden. Dafür sei eine verlässliche Berufsorientierung „an allen allgemeinbildenden Schulen“ unabdingbar. Zudem wünscht sich der HDE von der Politik eine Förderung der digitalen Transformation.


Verfasst von: markt-intern Verlag | Kommentare (0)

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