Dienstag, 17. Januar 2023

CDU will Klimaschutz besser machen als die Ampel

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Vergangenes Wochenende traf sich der CDU-Bundesvorstand zu seiner jährlichen Klausurtagung. Ergebnis dieser Beratungen ist die Weimarer Erklärung. Überschrieben ist sie mit: „Wirtschaftspolitik, Energiepolitik und Klimapolitik als Einheit verstehen“. Taktisch scheint damit die CDU unter Friedrich Merz damit Dr. Angela Merkels Strategie der asymmetrischen Demobilisierung zu folgen. Mit dieser Taktik hatte Merkel große Wahlerfolge erzielt, indem sie Themen der politischen Konkurrenten so weit übernahm, dass deren Anhänger auch für sie stimmten. Das Prinzip scheiterte am Ende, weil zu wenig eigene Anhänger für Merkel übrig blieben, die sie noch wählen wollten.

So heißt es jetzt einleitend in der Erklärung, Grundlage und Kern des wirtschaftlichen Erfolges in Deutschland sei „unsere Industrie mit ihren international tätigen Großunternehmen und mittelständischen Unternehmen, mit ihren Wertschöpfungsketten, Zulieferbetreiben und Dienstleistern“.  Allerdings geht die Erklärung mit dem Bekenntnis weiter, CDU geführte Regierungen hätten „Meilensteine des Klimaschutzes wie das Pariser Abkommen, das Klimaschutzgesetz mit Klimaneutralität 2045 und die Reduktion des CO₂-Ausstoßes bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 bei einer Verdopplung der Wirtschaftsleistung vorangebracht. Wir sind die Partei der Nachhaltigkeit, die Wirtschaft, Umwelt und Soziales zusammenbringt, um international den 1,5-Grad-Pfad zu beschreiten.“

Letzteres klingt dann eher nach Programmatik von Bündnis 90/Die Grünen. Das dürfte auch gewollt sein. Denn erkennbar sollen mit der Klimapolitik der CDU diejenigen für die CDU gewonnen werden, die zwar mit den Grünen liebäugeln, denen aber deren teilweiser Klimafuror zu weit geht. Allerdings kann diese Gruppe nur wirklich asymmetrisch demobilisiert werden, wenn zumindest die Kernbotschaft die gleiche ist. Entsprechend wird dann auch versprochen, die CDU wolle „Klimaschutz >>Made in Germany<< zum Exportschlager machen. Klimaschutz wird so zum Erneuerungs- und Wachstumsmotor unserer Wirtschaft, zum weltweiten Gütesiegel und zum Garanten für neue Arbeitsplätze, für Wohlstand und für soziale Sicherheit.“

Nun heißt von Merkel lernen für die CDU aber auch, deren Fehler zu vermeiden. Treibt man die asymmetrische Mobilisierung zu weit, reicht es eben nicht mehr, politische Wettbewerber zu gewinnen, wenn gleichzeitig die eigene Basis sich von der Partei abwendet. Also wird knallhart als erste Forderung postuliert: „Deutschland kann Freiheit und Wettbewerb: Wir setzen auf Freiräume, Wettbewerb und marktwirtschaftliche Anreize statt einseitig auf Verbote und übermäßige Regulierung.“ Klingt gut, und heißt jetzt konkret was? Z. B., so Punkt 3 der Erklärung: „Für Klimaneutralität müssen Emissionen vermieden, aber auch abgeschieden, gespeichert und genutzt werden.“ Das hat etwas von Hase und Igel, denn selbiges hat gerade auch Klimaminister Dr. Robert Habeck festgestellt: „Mir ist CO₂ lieber in der Erde als in der Atmosphäre.“

Klimaschutz müsse viel stärker vor allem mit Innovationen und neuen Technologien gedacht werden, fordert die CDU. Etwas platt kommt hierbei die Formulierung daher, Verzicht sei lokal, Innovationen seien dagegen global. Was die Wirkung betrifft, hat die CDU sicher recht, aber auch sie sollte wissen, dass an unterschiedlichen Stellen des Globus ganz unterschiedlich Verzicht geübt werden kann.

Unter dem Aspekt, die eigene Basis bei der asymmetrischen Mobilisierung nicht zu vergessen, kann man die Formulierungen zur Kernkraft lesen. So will die CDU „die Nutzung der noch am Netz befindlichen Kernkraftwerke bis mindestens 2024“. Zudem befürwortet sie „die Forschung an der Kernfusion“ verstärkt fortzuführen sowie „Forschung und Entwicklung der Kernenergie der nächsten Generation“ fortzusetzen. Machtpolitisch kompliziert ist für die CDU allerdings, dass außer der FDP und der von der CDU selbst ausgeschlossenen AfD kein politischer Wettbewerber dazu ebenfalls bereit ist.

Naturwissenschaftlich unbestreitbar formuliert die CDU, Klimaneutralität allein in Deutschland werde die globale Erwärmung nicht bremsen. Deutschland müsse deshalb global denken und handeln. Was das allerdings bedeutet, sofern Teile der Welt dabei nicht mitmachen wollen, lässt die CDU offen. Verzichten wir dann auch auf Klimaschutz oder geht Deutschland dann in Vorleistung? Die Frage muss die CDU beantworten, wenn sie ernst genommen werden will.

Die Partei zumindest ist davon überzeugt, im Bund bald wieder Verantwortung übernehmen zu können. Selbstbewusst heißt es in der Erklärung zur bürokratischen und planerischen Entfesselung: „Im nächsten Koalitionsvertrag, den die CDU unterschreibt, wird die Hälfte aller vereinbarten Maßnahmen der Entlastung oder Vereinfachung dienen.“ Nun ja, warten wir mal ab, wann das passiert und wie groß dann die andere Hälfte sein wird.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (2)

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#1 Leserkommentar
von Dieter Bischoff, 20.01.2023 10:40

<p>Am besten hat mir der Satz gefallen "...Wir setzen auf Freiräume, Wettbewerb und marktwirtschaftliche Anreize statt einseitig auf Verbote und übermäßige Regulierung.“ Sollte die CDU unter Friedrich Merz doch wieder zum alten Markenkern zurückfinden? Es wäre uns zu wünschen.</p>
#2 Leserkommentar
von Olaf Weber, 20.01.2023 11:59

<p>Lieber Herr Bischoff, Friedrich Merz MUSS zum "alten Markenkern" zurückfinden. Ich sehe dazu keine Alternative, sondern andernfalls nur ein großes schwarzes 'Loch' mit äußerst ungewissem Ende. Lesen Sie bitte dazu meine Antwort an anderer Stelle zu Herrn Schlachters Kommentar:<br /> <br /> https://www.markt-intern.de/blog/archives/680-Die-politische-Diskussion-in-Deutschland-braucht-einen-Neubeginn.html#c160<br /> <br /> Herzlichen Gruß, Olaf Weber</p>

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