Donnerstag, 24. November 2022

rbb versinkt immer tiefer im Sumpf

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Mancher mag wahrscheinlich keine Berichte mehr über die skandalösen Zustände beim Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb) lesen wollen. Wir können es gut nachvollziehen, fragen doch auch wir uns, ob es noch lohnt, entsprechende Beiträge zu veröffentlichen. Wir meinen nach längerer Prüfung: Ja. Uns ist bewusst, dass weder aufgrund der Berichte der Kollegen anderer Publikationen noch aufgrund unserer Veröffentlichungen die Bundesländer einen neuen Rundfunkstaatsvertrag abschließen werden, der wirkliche Veränderungen hin zu einem sparsamen ÖRR enthält. Aber wir wollen den Verantwortlichen nicht die Genugtuung lassen, man könne das Problem einfach aussitzen. Früher oder später erlahme das journalistische Interesse an den Vorgängen. Immerhin reden wir beim rbb über einen Sender, der 2020 mehr als 415 Millionen Euro Gebühren von den Beitragszahlern erhielt.

Da lohnt es sich denn doch, immer wieder hinzuschauen, wenn dort Zwangsgelder verschwendet werden. Am 18. Oktober hat der rbb via Pressemitteilung wissen lassen, die derzeit amtierende Intendantin Dr. Katrin Vernau habe auf einer Belegschaftsversammlung eine „umfassende Überprüfung und strategische Neuausrichtung des Programmangebots aus Nutzersicht“ angekündigt. Damit verbunden seien „Einsparungen von 41 Millionen Euro“. Vernau habe, so heißt es weiter, die Frage gestellt: „Ist es sinnvoll, 7 Tage die Woche 24 h ein eigenes Drittes TV-Programm mit einem Marktanteil von 5,5 Prozent zu produzieren, wenn die meisten zwischen 18 und 20  Uhr einschalten, um regionale Berichterstattung zu sehen? Wir müssen unsere Nutzer besser verstehen und für alle relevante, attraktive Formate und Inhalte anbieten.“

Eine bemerkenswerte Fragestellung. Die Antwort kann nur nein lauten, zumal der rbb das uninteressanteste dritte Programm der ARD produziert. Doch nicht etwa diese beschämende Feststellung ist der eigentliche Grund für diesen Einschnitt, nein, es ist die blanke finanzielle Not. Denn, so heißt es weiter: „Der rbb muss bis Ende 2024 Rücklagen in Höhe von 41 Millionen Euro bilden. Das ist notwendig, weil die frühere Geschäftsführung des rbb Mehrerträge nicht, wie von der KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs) erwartet, zurücklegte, sondern in den laufenden Haushalt einfließen ließ. Um dies rückgängig zu machen, ist der rbb gezwungen, bis Ende 2024 rund 41 Mio. EUR aus der bisherigen Planung zu nehmen: ein Drittel davon 2023, zwei Drittel im darauffolgenden Jahr.“ Diese Feststellung müsste eigentlich auch die Staatsanwaltschaft interessieren, denn man könnte in dem geschilderten Verhalten der früheren Geschäftsführung den Anfangsverdacht einer Untreue sehen.

Zugleich kündigte Vernau an, man wolle auf betriebsbedingte Kündigungen zur Erzielung des Einsparungszieles verzichten, aber frei werdende Stellen würden „nur im Einzelfall und nach strenger Prüfung nachbesetzt“. Das kam bei der Belegschaft nicht gut an. Noch weniger gut kam an, dass Vernau, wozu sich in der Pressemitteilung kein Wort findet, auf Vorhalt in der Belegschaftsversammlung einräumte, einen Mietzuschuss zu ihrer Zweitwohnung in Berlin zu erhalten. Bis zu 1.500 Euro dürfte sie bei nachgewiesenen Kosten monatlich neben ihrem sechsstelligen Intendantengehalt (auf Jahresbasis) zusätzlich geltend machen. Man fasst es nicht: Da wird der Vorgängerin u. a. fristlos gekündigt, weil sie unter Bruch bestehender Regeln quasi feudal auf Kosten der Gebührenzahler gelebt habe, und die vorübergehende Nachfolgerin hat keine Probleme damit, sich einen Mietzuschuss zum fürstlichen Intendantengehalt zusagen zu lassen. Was in den Köpfen der Beteiligten, die solche Verträge schließen, vorgeht, entzieht sich unserer Vorstellungskraft.

Vernau ist aufgrund dieses Vorgangs eigentlich genauso verbrannt wie ihr vorheriger Chef, WDR-Intendant Tom Buhrow, der seine Verwaltungsratschefin als ideale Besetzung bezeichnet und zum rbb geschickt hatte. Doch immer, wenn Du denkst, es geht nicht mehr schlimmer, kommt es doch so.

Nur einen Tag nach der obigen rbb-Mitteilung berichtete Business Insider, rbb-Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus habe seinen Rücktritt angeboten, falls der rbb ihm seinen Vertrag ausbezahlt. Dabei geht es, so Business Insider, um die stolze Summe von rund einer Million Euro! Denn sein Vertrag wurde erst im März bis 2027 verlängert. Wer jetzt langsam Schnappatmung bekommt, sollte noch einmal tief durchatmen. Denn, Schulte-Kellinghaus bietet dem rbb, so Business Insider, im Gegenzug an, auf seine Ruhestandsbezüge zu verzichten. Die belaufen sich angeblich auf rund 1,6 Millionen Euro!

Doch auch das ist aktuell noch nicht alles. Wie der Spiegel am 21. November berichtet, soll der rbb mit seinem scheidenden Chefredakteur Christoph Singelnstein einen Beratervertrag geschlossen habe. Singelnstein erhält allerdings auf Kosten der Gebührenzahler als Pensionär ein jährliches Ruhegehalt von mehr als 100.000 Euro sowie eine gesetzliche Rente! Was muss eigentlich noch geschehen, bis der rbb schlicht abgewickelt wird? Für die Programmerstellung scheint weder Geld noch Zeit vorhanden zu sein.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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