Donnerstag, 17. November 2022

Laschet: „Aushaltensbedarf habe ich wenig“

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Der ehemalige Vorsitzende der CDU, frühere Ministerpräsident des Landes NRW und Kanzlerkandidat der CDU/CSU bei der letzten Bundestagswahl, Armin Laschet, machte gestern vor dem Wirtschaftssenat NRW des Bundesverbands mittelständischer Wirtschaft (BVMW) aus seinem Herzen keine Mördergrube. Nachdem ihn Moderator Jörg Zajonc, Geschäftsführer von RTL West, mehrfach damit konfrontierte, Politiker müssten Kritik aushalten, entgegnete Laschet ihm, seinerseits wenig „Aushaltensbedarf“ zu haben. Angesichts der Schmähungen und teilweise völlig überzogenen Kritik während seiner Kanzlerkandidatur eine nachvollziehbare Feststellung. Wer angenommen haben sollte, Laschet agiere inzwischen quasi nur noch als Elder Statesman musste sich eines Besseren belehren lassen.

Sobald es um Themen ging, die Laschet am Herzen liegen, zeigte er sich sehr kämpferisch und streitlustig. So bezog er sehr engagiert Position, für ihn sei die Höhe der Sozialleistungen in Deutschland kein „Pull-Faktor“ für Flüchtlingsbewegungen nach Deutschland. Es gebe keinen Zweifel, dass Deutschland aufgrund seiner immer noch vorhandenen wirtschaftlichen Stärke ein gefragtes Ziel für Flüchtlinge sei. Aber er bestreite, dass die konkrete Höhe der Sozialleitungen, etwa jetzt die geplante Erhöhung der Hartz-4-Leistungen im Zuge der Einführung des Bürgergeldes, darauf einen Einfluss habe.

Ebenso massiv widersprach Laschet Behauptungen, die zugesagten Hilfen wegen der Corona-Pandemie seien noch immer nicht überall dort angekommen, wo es nötig gewesen sei. Gerade NRW sei da aufgrund seines rein digitalen Antragsverfahrens schneller als andere Bundesländer gewesen, entgegnete er Diskutanten. Dass allerdings auch dieses elektronische Antragsverfahren für die Betroffenen alles andere als leicht zu handhaben war, verschwieg er. Wahrscheinlich, weil er selbst nie versucht hat, testweise Mittel zu beantragen. Auch keine Erwähnung fand, dass es inzwischen mehrere Urteile nordrhein-westfälischer Verwaltungsgerichte gibt, die Rückzahlungsverlangen des Landes mit der Begründung aufgehoben haben, für die Antragsteller sei nicht erkennbar gewesen, unter welchen Voraussetzungen die Hilfen hätten beantragt werden können.

Eher weniger Raum nahm ein, wie Laschet mit der gescheiterten Kanzlerkandidatur umgeht. Er blicke nicht zurück, betonte er. Man könne nicht den Rest seines Lebens mit der Fragestellung „Was wäre, wenn“ verbringen, betonte er. Aber, so ergänzter er auf Nachfrage, sicher frage er sich manchmal, wie er als Kanzler bei bestimmten Dingen agiert hätte. Dabei lobte er zunächst einmal die zurückhaltende Haltung von Olaf Scholz hinsichtlich des Umgangs mit der Ukraine. Es sei richtig, alles zu unternehmen, um Deutschland nicht Kriegspartei werden zu lassen. Auch seine Zurückhaltung bei der Lieferung schwerer Waffen findet seine Billigung. Er kritisiere aber, dass Scholz nicht das liefere, was er der Ukraine zugesagt habe. Das hätte er anders gehandhabt.

Den wohl deutlichsten Unterschied zu Scholz hätte es in der Politik gegenüber Frankreich gegeben. Laschet, der ehemalige Bevollmächtigte der Bundesrepublik Deutschland für kulturelle Angelegenheiten im Rahmen des Vertrags über die deutsch-französische Zusammenarbeit, und sich als Ministerpräsident sehr um das Verhältnis mit Frankreich bemüht hat, hält die aktuelle Belastung des deutsch-französischen-Verhältnisses für einen schweren Fehler. „Ich wäre gemeinsam mit Macron zu Putin und Xi Jinping gefahren“, betonte er. Ob Macron das auch gewollt hätte, ist dann eine andere Frage, die sich nicht mehr stellt.

Bei einem mittelständischen Wirtschaftsverband musste natürlich auch die wirtschaftliche Entwicklung zur Sprache kommen. Deutschland sei unverändert ein wirtschaftlich starkes Land, so sein Petitum. Aber die aktuelle Entwicklung berge große Herausforderungen. Ob die von der Ampel im Zusammenschluss mit der Wirtschaft im Sinne des Fortbestands der wirtschaftlichen Stärke gemeistert werden, daran kann man durchaus zweifeln. Laschet vermied es aber, sich hier allzu sehr festlegen zu lassen. Wohl weil ihm bewusst ist, das die Mehrheit der Bevölkerung weder der SPD geführten Ampel noch einer CDU geführten-Koalition dies zutraut. Immerhin zwei klare Bekenntnisse hatte er für die anwesenden Unternehmer zu bieten: „Wir müssen die Ambition haben, bei Forschung und Entwicklung wieder Spitze sein zu wollen. Wir sind noch ein Industrieland, im Bund wie in NRW. Und das muss auch so bleiben.“ Das klingt banal, ist es aber für weite Teile der Öffentlichkeit leider gerade nicht mehr.

Veröffentlicht von  Schweizer-Nürnberg in  Mittelstand 


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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