Mittwoch, 26. Oktober 2022

Tagesschau belegt Luxusversorgung der Führungskräfte im ÖRR

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Eines muss man der ARD lassen, sie nimmt sich inzwischen in ihrer Berichterstattung selbst ins Visier. So findet sich aktuell ein umfangreicher Beitrag auf tageschau.de mit der Überschrift Großzügiges Ruhegeld für Senderchefs“. Besser spät als nie können wir da nur sagen. Wir hatten bereits im Januar 2017 darauf hingewiesen, dass es sich bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten im Prinzip um Versorgungswerke mit angeschlossenem Sendebetrieb handelt. Allerdings mussten wir uns bei unseren Recherchen, die wir im August 2020 aktualisiert haben, auf die Daten der zugänglichen Geschäftsberichte der Anstalten beschränken, was das ganze Ausmaß der versorgungsrechtlichen Verschwendung der Beiträge der Gebührenzahler naturgemäß nicht vollständig abbilden konnte.

Auch die jetzt von der Tagesschau veröffentlichten Daten dürften noch nicht vollständig sein, aber sie sprechen für sich selbst. Schon die ersten beiden Absätze des längeren Beitrags lassen eine gewisse Wut beim Leser aufkommen. „Mit sechsstelligen Summen pro Jahr“, heißt es dort, „sichern einige öffentlich-rechtliche Sender ihre Intendanten und Direktoren für den Fall ab, dass deren Verträge noch vor Eintritt ins Rentenalter nicht verlängert werden. In manchen Fällen gilt das lebenslang. Manche bekommen die Versorgung schon vor dem Renteneintrittsalter, einige sogar nach nur einem Arbeitstag als Direktor.“ Und, Überraschung, besonders dreist hat sich der rbb verhalten.

„Ein Rechercheteam des NDR“, teilt die Tagesschau-Redaktion mit, „konnte den Dienstvertrag des rbb-Programmdirektors einsehen. Bei einer Basisvergütung von 215.000 Euro ist dort geregelt: >>Das Ruhegeld beträgt am Tag des eigentlichen Vertragsbeginns 45 Prozent der Basisvergütung und steigt mit jedem weiteren vollendeten Dienstjahr um einen Prozentpunkt bis zur Höchstgrenze von 60 Prozent der letzten vertraglich vereinbarten Basisvergütung.<<"

Was dies für den netten Herrn bedeutet? „Nach nur einem Tag als Direktor gibt es also schon 8000 Euro monatlich - und das lebenslang. Dies gilt auch, wenn der rbb seinem derzeitigen Direktor nach Ablauf des einen Vertrages keinen weiteren Vertrag anbieten will. Der 53-Jährige hätte dann lebenslang Anspruch auf ein jährliches sechsstelliges Ruhegeld. Sogar hinzuverdienen dürfen die rbb-Spitzen. Und werden sie krank, gibt es noch für sechs Monate volles Gehalt, ganz anders als bei frei Mitarbeitenden, die mitunter schon nach wenigen Tagen Einbußen hinnehmen müssen, oder Angestellten, die nach sechs Wochen ins Krankengeld fallen.“

Weiter erfährt der geneigte Leser dann, nach Angaben des rbb enthielten derzeit vier Verträge solche Regelungen. Darüber hinaus bezögen sieben ehemalige Mitarbeiter derzeit Ruhegeld. Fünf davon seien bereits in Rente. Aber es kommt für die Begünstigten in Einzelfällen noch viel besser. Denn: Das Justiziariat des rbb war für die Ausfertigung der Dienstverträge selbst verantwortlich. Das bedeutete im Fall der freigestellten Juristischen Direktorin, die für das Justiziariat verantwortlich war, sie hat quasi ihre eigene Versorgung geregelt!

Im Weiteren beschäftigen sich die Autoren dann mit den Versorgungsregelungen bei MDRhrZDFNDRRadio BremenSWRBRWDRSR und Deutschlandradio. Was wir schon immer kritisiert haben, ist jetzt auch der Redaktion der Tagesschau aufgefallen: „Was die Versorgung ihrer Führungsspitze betrifft, gehen die Öffentlich-Rechtlichen Sender in Deutschland unterschiedlich transparent mit dem Thema um. Viele nennen konkrete Namen und Summen in ihren Geschäftsberichten oder auf ihren Webseiten, andere weisen die Ansprüche nur sehr versteckt oder gar nicht aus.“

Es muss definitiv schmerzhaft sein, als führendes Nachrichtenmedium des öffentlich-rechtlichen Rundfunks derartige Berichte über den eigenen Arbeitgeber und den öffentlichen-rechtlichen Senderverbund zu schreiben. Man könnte auch auf die Idee kommen, man müsse sich dafür schämen. Aber so weit wird es dann wohl doch nicht gehen, obwohl es angemessen wäre. Auch das Fazit der Autoren fällt – menschlich verständlich – milde aus: „Ob die Summen bei ARD und ZDF im Einzelfall angemessen oder überhöht erscheinen, lässt sich nicht immer pauschal beantworten. Zwar blicken Führungskräfte im öffentlich-rechtlichen Rundfunk häufig auf jahrzehntelange Karrieren zurück und haben so bereits als Hauptabteilungsleiter, Studioleiter oder Chefredakteure hohe Versorgungsansprüche erworben. In der Regel bestehen diese Ansprüche allerdings erst mit dem Eintritt in den Ruhestand.“

Wir formulieren es mal deutlich schärfer: Was muss eigentlich noch passieren, bis die Regierungschefs der Länder eine grundlegende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschließen?

Kleine Randbemerkung zum Schluss: Der Beitrag verstößt an sich gegen den Rundfunkstaatsvertrag. Er ist nämlich ein reiner Textbeitrag. Dagegen ist den Sendern auch im Internet eigentlich im Prinzip nur ein Sendebetrieb (Audio oder Video) gestattet. Deshalb haben sich die privaten Verleger mit dem ÖRR darauf verständigt, dass die Senker kein reines Textangebot im Netz machen. Wir empfehlen den Verlegern dennoch, sich nicht gegen diesen Beitrag auf tageschau.de zu wehren J


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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