Mittwoch, 31. August 2022

Handwerk.NRW reagiert indirekt auf Offenen Brief der Kreishandwerkerschaft Halle-Saalekreis

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Am 17. August haben 16 Obermeister der Kreishandwerkerschaft Halle-Saalekreis in einem Offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz bundesweit für Furore gesorgt. Hatten die ostdeutschen Handwerker darin doch explizit einen sofortigen Stopp aller Sanktionen gegen Russland und die sofortige Aufnahme diplomatischer Verhandlungen zur Beendigung des Krieges gefordert. Der Brief mag manchem Handwerksbetrieb aus der Seele gesprochen haben, brachte die Handwerksorganisation insgesamt aber deutlich in Bedrängnis. Zum einen steht der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) eindeutig hinter der Sanktionspolitik und zum anderen ist es ein gefährliches Unterfangen, als Handwerksorganisation branchenfremde politische Forderungen zu erheben. Gerade Zwangsvereinigungen, zu denen die Innungen allerdings nicht gehören, sitzt hier das Bundesverwaltungsgericht richtigerweise im Nacken.

Zudem dürfte der geforderte Sanktionsstopp im Handwerk selbst nicht mehrheitsfähig sein. Gar mancher Handwerksbetrieb dürfte im Gegenteil sogar erzürnt sein, möglicherweise von Kunden mit dieser Forderung konfrontiert zu werden. Entsprechend traf die Aktion in den Handwerksorganisationen nicht nur auf Zuspruch. Auch Handwerk.NRW, der Zusammenschluss der nordrhein-westfälischen Handwerkskammern, die wiederum Pflichtmitglieder ihr Eigen nennen, hat jetzt auf diese Forderung reagiert, wenn auch nur indirekt.

In einer heute verfassten Pressemitteilung mit dem Titel ‘Deutschland muss autarker werden – Dachorganisation mahnt in 16-Punkte-Papier Diversifikation und Wettbewerb an’ wird Bezug genommen auf ein Positionspapier, das der Vorstand von Handwerk.NRW am 26. August verabschiedet hat.  Darin heißt es, es sei „nicht unsere Aufgabe als Handwerksorganisationen, außen- oder sicherheitspolitische Grundentscheidungen der Bundesregierung zu bewerten. Wir müssen aber im Interesse unserer Mitglieder Erwartungen formulieren, wie unter diesen politischen Rahmenbedingungen die Energie- und Rohstoffstrategie unseres Landes aussehen muss.“

Die Forderungen selbst dürften in der Handwerksorganisation bundesweit durchaus mehrheitsfähig sein. Allerdings gilt auch hier: Gesagt/Gefordert ist dies leichter als getan. Wer würde schon der Forderung widersprechen „Wir müssen Lieferketten und Wertschöpfungsketten diversifizieren und damit flexibler machen. Wir müssen lernen, uns auf solche Partner zu konzentrieren, die Handelsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit respektieren.“ Aber wie? Was heißt das konkret? Auch das Verlangen „Für eine erfolgreiche Transformation müssen wir auf Wettbewerb setzen. Die Ausdehnung der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen durch den Ausbau der Fernwärme oder bei der Ladeinfrastruktur wäre ein energie- und wettbewerbspolitischer Irrweg, insbesondere wenn dadurch die Wahlmöglichkeiten der Verbraucherinnen und Verbraucher beschränkt werden“ klingt gut, ist aber auch noch keine Lösung der aktuellen Probleme.

Auch die weiteren Punkte sind jeder für sich genommen sicher akzeptable Forderungen, aber auf die Schnelle ist nichts davon umsetzbar. Und genau dies ist das Problem der momentanen Situation: Darüber zu diskutieren, wer alles für die hohe Abhängigkeit von billigem russischen Gas verantwortlich ist und wer dies in der Vergangenheit öffentlich kritisiert hat, ist historisch und parteipolitisch durchaus relevant. Aber in der konkreten Situation lösen diese Debatten keines der Probleme. Insoweit sind alle Beteiligten gefordert, von ihrer reinen Lehre Abstand zu nehmen und gegebenenfalls auch Lösungen zu akzeptieren, die man selbst für falsch hält, wenn sie denn den Crash in der Energieversorgung verhindern. Dabei sollte aus unserer Sicht allerdings nicht nach der Devise gehandelt werden, Hauptsache wir haben Strom und Gas, koste es andere, was es wolle. Denn sonst könnten sich vielleicht bisher gewünschte Energielieferanten ihrerseits ungewollt von der Belieferung Deutschlands zurückziehen.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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