Mittwoch, 27. Juli 2022

Hat Christian Lindner ein Porsche-Problem oder VW ein Personalproblem?

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Nein, die Frage hat nichts mit Christian Lindners privatem Fuhrpark zu tun, es geht um sein Verhältnis zum aktuellen Porsche Chef und designierten VW-Chef Oliver Blume. Der hatte sich laut der ZDF-Satiresendung ‘Die Anstalt’ am 29. Juni auf einer Porsche-Betriebsversammlung einer großen Nähe zu Lindner während der Koalitionsverhandlungen der Ampel gerühmt. Angeblich, so Blume, habe Lindner ihn nahezu stündlich über den Verlauf der Koalitionsgespräche zum Punkt E-Fuels informiert. Das wäre an sich völlig unproblematisch, denn natürlich muss es einem Politiker zugestanden werden, sich über eine zu verhandelnden Position eines Koalitionsvertrages mit Personen auszutauschen, die er dafür als geeignet betrachtet.

Aber so wie Blume es offenbar in der Betriebsversammlung dargestellt hat, wonach Porsche massiven Einfluss darauf gehabt habe, dass E-Fuels im Koalitionsvertrag zum Betrieb von Verbrennern über 2035 hinaus erlaubt werden, wäre der Vorgang schon deutlich anders zu beurteilen. Das weiß Lindner und das ist inzwischen wohl auch Blume bekannt. Der, gerade zum neuen Vorstandsvorsitzenden von Volkswagen erkoren, erklärte eiligst, in einer internen Veranstaltung „falsche Worte“ gewählt zu haben, wodurch ein „falscher Eindruck“ entstanden sei. Und Lindner wiederum teilte mit, er habe lediglich einmal mit Blume telefoniert und seine Position zu E-Fuels sei schon vorher bekannt gewesen.

Letzteres lässt sich nicht bestreiten. Allerdings ist dann immer noch nicht klar, aufgrund welcher Gespräche und Informationen Lindner und die FDP zu dieser Position gekommen ist, die speziell für Porsche eine erhebliche Bedeutung hat. Heikel für Lindner bleibt, dass kaum einer im politischen Berlin Blume abnimmt, sich in der nämlichen Betriebsversammlung nur ungeschickt ausgedrückt zu haben. Er war wohl eher immer noch euphorisiert angesichts der tatsächlich erfolgten Vereinbarung im Koalitionsvertrag (s. Seite 51), sich auch gegenüber der EU für einen Weiterbetrieb von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor einzusetzen, soweit sie nur mit E-Fuels betrieben werden, dass mehr sein Herz als der Verstand seine Rede beflügelt haben könnte. Sollte es aber so gewesen sein, dass Blume den Austausch mit Lindner derart maßlos übertrieben hätte, dann hat der Aufsichtsrat von Volkswagen jetzt ein massives Problem. Denn wie soll Blume den Job als VW-Vorstandsvorsitzender unbelastet antreten, wenn er sich selbst bezichtigt, sich in Betriebsveranstaltungen schon einmal als einflussreichen Machtmenschen darzustellen, obwohl sein Einfluss gar nicht vorhanden war?


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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