Donnerstag, 14. Juli 2022

Mietwohnungsbau wird zunehmend zur Staatswirtschaft

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Mieten in Ballungsräumen sind nachfragebedingt hoch und für viele Bürger finanziell inzwischen nur noch schwer zu tragen. Angesichts der explodierenden Nebenkosten droht hier massiver sozialer Sprengsatz. Da ist durchaus verständlich, dass die Regierenden im Bund wie in den Ländern und Kommunen Abhilfe schaffen wollen. Die Lösung liegt dafür für viele offenbar in einer Staatswirtschaft. Berlin hat es mit seinem vor dem Bundesverfassungsgericht gescheiterten Mietpreisdeckel vorgemacht, die Münchner SPD will ihn gleichwohl für München einführen. Auf Länderebene ist symptomatisch, was die neue Schwarz/Grüne-Landesregierung in Schleswig-Holstein plant.

Laut einer Mitteilung der Staatskanzlei werde das Thema Wohnen breiten Raum im 100-Tage-Programm einnehmen: „Bereits angekündigt hatte die Landesregierung einen Entwurf für ein Wohnraumschutzgesetz, mit dem den Kommunen ermöglicht wird, aktiv gegen Missstände oder drohende Verwahrlosungen von Wohngebäuden vorzugehen. Im Rahmen der ‘Initiative Wohnen’ werde ein Pakt mit allen relevanten Akteurinnen und Akteuren der Wohnungswirtschaft vorbereitet. In den Blick nehmen soll der Pakt unter anderem die mögliche Unterstützung kommunaler Wohnungsbaugesellschaften.“

War es noch vor nicht allzu langer Zeit en vogue, den kommunalen Wohnungsbestand meistbietend an private Investoren zu verhökern (beispielsweise in München (!), Dresden oder Köln), soll es jetzt also wieder der Staat richten. Das mag auf den ersten Blick Erfolg versprechen, langfristig wird dadurch wahrscheinlich eher der private Mietwohnungsbau mehr gebremst als der staatliche zunehmen kann. Kurioserweise taucht der Punkt in dem 100-Tage-Programm selbst aber so gar nicht auf. Ob die Texter des 100-Tage-Programms diese Absicht nur nicht offenlegen wollten oder die Staatskanzlei hinsichtlich der Umsetzung der im Programm so bezeichneten „Initiative Wohnen“ einfach vorgeprescht ist, wissen wir nicht.

Eher helfen wird da schon die angekündigte Digitalisierungsoffensive der Landesregierung: „Ein Kompetenzzentrum ‘Digitales Bauen und Planen’ solle daneben bislang noch nicht ausreichend genutzte Potenziale der Digitalisierung im Bau- und Bauplanungswesen heben, um Prozesse so zu beschleunigen. Hierzu werde der Prozess der Einrichtung angeschoben. Darüber hinaus solle der Testbetrieb eines virtuellen Bauamts bei Pilotbauaufsichtsbehörden starten.“

Doch wann immer in Deutschland eine Digitalisierungsoffensive angekündigt wird, muss man befürchten, dass weder Zeitpunkt noch Qualität der angekündigten Maßnahme eingehalten wird.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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