Mittwoch, 13. Juli 2022

Wie viel Zeit benötigt der Bürger für die Übermittlung der Daten zur neuen Grundsteuer?

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Gestern berichteten wir über den vorübergehenden Ausfall des ELSTER-Portals der Finanzverwaltung. Über das Portal müssen alle Grundsteuerverpflichteten bis zum 31. Oktober die von ihnen verlangten Angaben zu ihren Grundstücken hochladen. Das Verfahren haben wir bereits deutlich kritisiert, weil es eigentlich Aufgabe des Staates sein sollte, die in der Regel ihm weitgehend bekannten Daten selbst zusammenzutragen und sie den Bürgern lediglich zur Kontrolle zuzuschicken. Ein Leser machte uns darauf aufmerksam, dass der Normenkontrollrat Baden-Württemberg bereits im August 2020 genau dies vorgeschlagen hat. Wir haben uns seine Stellungnahme besorgt, und siehe da, der Leser hat erwartungsgemäß recht.

Der Rat stellte seinerzeit fest, er sehe „es als kritisch an, dass für Bürgerinnen und Bürger sowie für die Wirtschaft ein derart erheblicher Erfüllungsaufwand für eine Steuererklärung anfällt, der überwiegend für die Meldung von Daten verursacht wird, die dem Land und den Kommunen in der Mehrzahl sogar bereits elektronisch vorliegen.“ Er betont allerdings, das sogenannte Once-Only-Prinzip könne nicht angewandt werden, „weil die Daten der Grundstücksgröße aus dem Liegenschaftskataster oder dem Grundbuch und die Bodenrichtwerte der Kommunen nicht elektronisch für Steuerzwecke verknüpft werden können. Zudem wurde die landesweite – für Städte und Gemeinden freiwillige – Meldung der Bodenrichtwerte an die vom Land eingerichtete Datenbank BORIS BW bislang auch von den Kommunen nur unerheblich mit Daten befüllt.“

Doch der Rat erkannte selbst, dass dies ein eigentlich unhaltbarer Zustand ist und empfahl daher bereits vor zwei Jahren zu prüfen, „ob es nicht doch Möglichkeiten gibt, vorliegende Daten für die Grundstücksgrößen elektronisch mit den Steuernummern zu verbinden, die Kommunen zu veranlassen, ihre Bodenrichtwerte an BORIS BW zu melden (viele kleinere Gemeinden haben nur einen Bodenrichtwert; zudem profitieren die Gemeinden vom neuen Grundsteuermodell), und auf dieser Basis den Steuerpflichtigen doch noch termingerecht eine vorausgefüllte Steuererklärung für die neuen Einheitswerte zuzuschicken.“

Ist natürlich nicht passiert. Ist ja auch viel einfacher, den Bürger die Arbeit machen zu lassen. So erfreulich diese Stellungnahme des Normenkontrollrats Baden-Württemberg auch ist, sie selbst ist in einem speziellen Punkt ein Ärgernis. Glaubt er doch: „Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht ein Aufwand von 17 Minuten pro Fall.“ Wie bitte? So lange dürfte für die meistens schon die Registrierung bei ELSTER dauern, falls das Portal überhaupt erreichbar ist. Der amtliche Vordruck zur Grundsteuer umfasst 32 Seiten, samt Erläuterungen kommt er auf 59 Seiten. Die Anleitung zur Datenübertragung über Elster für Baden-Württemberg braucht 40 Seiten, die Kurzanleitung zur Übertragung der Daten über Elster der rheinland-pfälzischen Steuerverwaltung bringt es immer noch auf 13 Seiten. Wie die Bürger da nur 17 Minuten für die Übertragung brauchen sollen, erschließt sich uns nicht.

Möglicherweise denkt der Rat, man brauche die Hinweise nicht zu lesen und könne die Formulare einfach so ausfüllen. Aber selbst dann dürften wohl die wenigsten dafür nur 17 Minuten benötigen. Der Normenkontrollrat Baden-Württemberg erläutert seine ‘Berechnung’ so: „Den durchschnittlichen Aufwand für ein unbebautes Grundstück hat der Nationale Normenkontrollrat mit 16 Minuten veranschlagt, was hier übernommen wird. Für die weitere Angabe, die in Baden-Württemberg zu erbringen ist, die Prüfung einer gegebenenfalls überwiegenden Wohnnutzung, wird 1 Minute veranschlagt.“ Alles klar?!


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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