Dienstag, 12. Juli 2022

Digitalwüste Deutschland: ELSTER bricht wegen Grundsteuererklärungen zusammen

Blogeintrag | Kommentare (2)

Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass die Infrastruktur in Deutschland in desolatem Zustand ist, hat das Portal der Finanzverwaltung ELSTER diesen ungewollte am Wochenende geliefert. Man mag darüber streiten, ob der Zusammenbruch der Logistik an deutschen Flughäfen, die sprichwörtliche Unzuverlässigkeit der Bahn oder der Zustand deutscher Autobahnbrücken schlimmer sind, als ein nicht funktionierendes Portal der Finanzverwaltung. Erbärmlich ist die vorübergehende Nichterreichbarkeit von ELSTER allemal.

Wer auf der Presseseite des Portals nach Hinweisen für das zwischenzeitliche Desaster sucht, wird dort nicht fündig. Dafür kann man dort nette Geschichte lesen, die Überschriften tragen wie „ELSTER, eine Erfolgsstory“ oder „ELSTER – ein großer Beitrag zur Digitalisierung der Verwaltung“. Diese tolle Erfolgsstory scheiterte aber schon häufiger daran, dass der Gesetzgeber mit seinem Output schneller als die Programmierer der ELSTER-Software war. Aktuell hat die Betreiber offenbar überrascht, dass tatsächlich viele Bundesbürger versucht haben, sich die umfangreichen elektronischen Formulare über ELSTER herunterzuladen, die erforderlich sind, um die von den Grundstückseigentümern gewünschten Angaben über das Programm hochzuladen. Warum der Gesetzgeber diesen wenig bürgerfreundlichen Weg (s. unseren Beitrag vom 7. Juni2022) gewählt hat, wird für immer sein Geheimnis bleiben.

Aber wer ist ernsthaft noch überrascht, dass dieses Vorhaben nicht mit der entsprechenden Serverkapazität hinterlegt wurde? Völlig überraschend ist für die Betreiber offenbar, dass es immerhin um rund 36 Millionen Grundstücke geht. Ja, es gibt Bürger, die bei Finanzämtern wegen Fragen zur Übertragung der Erklärung telefonisch die Auskunft erhielten, dort sei man noch gar nicht darauf vorbereitet, dass Grundstückeigentümer schon Daten melden. Na klar, warten wir am besten alle bis zum 31. Oktober 2022 und übermitteln dann alle unsere Daten an diesem Montag. Das wird garantiert funktionieren!

Nun sind vom ELSTER-Ausfall nicht nur die Grundstückseigentümer betroffen, die noch bis zum 31. Oktober Zeit haben, ihre Erklärung zu übermitteln, sondern beispielsweise auch Umsatzsteuervorauszahler, die ihre Erklärung am Wochenende übermitteln wollten und es nicht konnten. Die treibt die berechtigte Sorge um, das Finanzamt könne ihnen beim verspäteten Eingang der Erklärung Verspätungszuschläge aufbrummen. Geradezu kurios ist da die Aussage eines Sprechers der Deutschen Steuergewerkschaft gegenüber dem Tagesspiegel, derartige Besorgnisse seien unbegründet: „Anwenderinnen und Anwender, denen die fristgerechte Abgabe aufgrund der Störung derzeit verwehrt ist, werden gebeten, sich mit ihrem Finanzamt in Verbindung zu setzen. Die Möglichkeit für individuelle Lösungen ist grundsätzlich gegeben.“ Wieder soll also der Bürger eine Aufgabe übernehmen, die doch ganz offensichtlich in den Zuständigkeitsbereich der Verwaltung fällt. Wieso soll der Bürger sich darum kümmern müssen, nicht mit Zuschlägen belastet zu werden und nicht die Finanzverwaltung selbst? Die ist doch für das Desaster verantwortlich! Lieber Christian Lindner, es gibt viel zu tun nach ihrer Hochzeit.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (2)

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#1 Leserkommentar
von Klebefolien, 18.07.2022 21:15

<p>Danke für die unermüdliche Arbeit, die ihr leistet.<br /> <br /> Liebe Grüße Alisa</p>
#2 Leserkommentar
von Emma, 16.11.2022 21:13

<p>das war ein Spaß mit ELSTER bei der Grundsteuerabgabe.<br /> Mehrere Tage hat das Portal nicht funktioniert. Hat man mal die Eingabemaske erreicht und die Werte eingetragen, hat die nächste Seite ewig geladen.<br /> <br /> Hier sollte man nachbessern. Generell hinken wir in Sachen Digitalisierung weithinten.<br /> <br /> Lg<br /> Emma</p>

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