Dienstag, 28. Juni 2022

Bei Lieferketten droht Verlust des Vorsteuerabzugs

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Selbst wenn Sie alle Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug oder eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erfüllen, kann Ihnen das Finanzamt den Steuerabzug bzw. die Steuerfreiheit noch streitig machen. Dies gilt, falls in der Lieferkette ein anderer Unternehmer in einen Betrug verwickelt ist. Laut Rechtsprechung scheitern Vorsteuerabzug oder Steuerfreiheit, sobald feststeht, Sie wussten oder hätten wissen müssen, dass Sie sich mit Ihrem Erwerb an einem Umsatz beteiligen, der in eine vom Lieferer oder einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden Lieferkette begangene Steuerhinterziehung einbezogen ist. Mit Wirkung zum 1. Januar 2020 wurde aus dieser Rechtsprechung Gesetz (§ 25f UStG). Dabei ist § 25f UStG sogar anzuwenden, falls einer der Unternehmer in der Kette eine korrekt erklärte Umsatzsteuer nicht entrichten sollte.

In einem aktuellen Schreiben reagiert nun das Bundesfinanzministerium auf § 25f UStG. Demnach sei für die Anwendung des § 25f UStG eine „strafrechtliche Verurteilung oder bußgeldrechtliche Ahndung nicht erforderlich“. Weiter heißt es: „An Entscheidungen im straf- oder bußgeldrechtlichen Verfahren ist das Finanzamt bei Anwendung des § 25f UStG nicht gebunden.“ Somit soll es wohl reichen, dass zum Beispiel die Betriebsprüfung bei einem Unternehmer in der Kette nach eigener Auffassung Unregelmäßigkeiten entdeckt, um Ihnen als vor- oder nachgelagertem Unternehmer den Vorsteuerabzug oder die Steuerfreiheit für eine Lieferung zu streichen. Ob an den Anschuldigungen wirklich etwas dran ist, ist dann irrelevant. Es ist zu hoffen, dass die Gerichte diesem Ansatz eine Absage erteilen werden.

Positiv ist zu vermerken: „Ein Unternehmer, der alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht in eine Umsatzsteuerhinterziehung und nicht in eine Schädigung des Umsatzsteueraufkommens einbezogen sind, kann grundsätzlich auf die zutreffende steuerrechtliche Behandlung vertrauen.“ Dies gelte auch für Umsätze innerhalb einer Leistungskette. Bei Anhaltspunkten für Unregelmäßigkeiten wird es jedoch kritisch. Gehen Sie diesen nicht nach, „ist von einem Wissen oder Wissen müssen des Unternehmers auszugehen“. Als Anhaltspunkte gelten unter anderem: ● Mehrfachdurchläufe von Waren Preis unter Marktpreis ● Ungewöhnlicher Leistungsumfang ● Häufiger Wechsel der Ansprechpartner oder des Unternehmenssitzes ● Fehlende Branchenkenntnis.

Unser Tipp: Sie sollten die Gefahr der Anwendung des § 25f UStG nicht unterschätzen. Gerade bei neuen Geschäftskontakten sollten Sie auf alle formalen Nachweise bestehen. Lieber einmal mehr nachfragen als einmal zu wenig.

Peter Midasch ist Chefredakteur des markt intern-Informationsbriefes umsatzsteuer intern


Verfasst von: markt-intern Verlag | Kommentare (0)

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