Mittwoch, 15. Juni 2022

Sensationeller AfD-Erfolg: Bundesverfassungsgericht rügt Merkel

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Als geradezu sensationell darf man die heute veröffentlichte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bezeichnen, wonach Bundeskanzlerin a.D. Dr. Angela Merkel bei ihrem legendären Auftritt in Südafrika die Partei Alternative für Deutschland (AfD) in ihrem Recht auf Chancengleichheit der Parteien aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt habe. In der Pressemitteilung des Gerichts dazu heißt es einleitend: „Mit Urteil vom heutigen Tag hat der Zweite Senat entschieden, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel durch eine im Rahmen einer Pressekonferenz mit dem Präsidenten der Republik Südafrika am 6. Februar 2020 in Pretoria getätigte Äußerung zur Ministerpräsidentenwahl in Thüringen und deren anschließende Veröffentlichung auf den Internetseiten der Bundeskanzlerin und der Bundesregierung die Partei Alternative für Deutschland (AfD) in ihrem Recht auf Chancengleichheit der Parteien aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt hat.“

Angesichts so mancher Entscheidung der jüngsten Vergangenheit dürften die wenigsten erwartet haben, das Gericht werde sich in einem Fall, bei dem es um Rechte der AfD geht, im Ergebnis so entscheiden. Um es gleich vorweg zu sagen: Wir halten es für die einzig richtige Entscheidung, die wir gegenüber jeder Partei, die so von einer Bundeskanzlerin behandelt würde, ebenso verteidigen würden.

Im Urteil selbst lässt das BVerfG die Altkanzlerin wissen, was sie eigentlich vom ersten Tag im Amt hätte wissen sollen „Der von Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte verfassungsrechtliche Status der Parteien gewährleistet das Recht, gleichberechtigt am politischen Wettbewerb teilzunehmen. Damit unvereinbar ist grundsätzlich jede Einwirkung von Staatsorganen zugunsten oder zulasten einzelner am politischen Wettbewerb teilnehmender Parteien. Nichts Anderes gilt für das einzelne Mitglied der Bundesregierung, soweit es in Wahrnehmung seines Amtes auf die politische Willensbildung des Volkes einwirkt.“

Um die verfassungsrechtlich gebotene Offenheit des Prozesses der politischen Willensbildung zu gewährleisten, sei es unerlässlich, dass die Parteien, soweit irgend möglich, gleichberechtigt am politischen Wettbewerb teilnehmen können. Ihr Recht auf Chancengleichheit stehe in engem Zusammenhang mit den Grundsätzen der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG. Die chancengleiche Beteiligung an der politischen Willensbildung des Volkes mache es erforderlich, dass Staatsorgane im politischen Wettbewerb der Parteien Neutralität wahrten. Demgemäß werde das Recht, gleichberechtigt am Prozess der Meinungs- und Willensbildung teilzunehmen, regelmäßig verletzt, wenn Staatsorgane als solche zugunsten oder zulasten einer politischen Partei
oder von Wahlbewerbern auf den Wahlkampf einwirkten. Staatsorgane hätten als solche allen zu dienen und sich neutral zu verhalten. Einseitige Parteinahmen während des Wahlkampfs verstießen gegen die Neutralität des Staates gegenüber politischen Parteien und verletzten die Integrität der Willensbildung des Volkes durch Wahlen und Abstimmungen.

Wer bei diesen Passagen an Aussagen von Amtsträgern der Ampel-Regierung denkt, dürfte schnell zum Ergebnis kommen, die aktuellen Vertreter der Regierung sollten sich diese Passagen gut merken. Es könnte sonst noch viel Ärger auf sie zukommen. Angela Merkel wird sich zu alledem wohl kaum äußern. Hat sie doch erst letzte Woche bekannt, nur noch Wohlfühltermine mitzumachen.

Allen Kritikern, die in diesen Aussagen eine Beschneidung der Macht der Regierungsmitglieder sehen, die in aller Regel zugleich Parteifunktionäre sind, antwortet das Gericht, seine Entscheidung schließe nicht aus, dass Regierungsmitglieder außerhalb ihrer amtlichen Funktion am politischen Meinungskampf teilnähmen. Die bloße Übernahme eines Regierungsamtes habe nicht zur Folge, dass dem Regierungsmitglied die Möglichkeit parteipolitischen Engagements nicht mehr offenstehe, da die regierungstragenden Parteien anderenfalls in nicht gerechtfertigter Weise benachteiligt würden. Es müsse aber sichergestellt sein, dass ein Rückgriff auf die mit dem Regierungsamt verbundenen Mittel und Möglichkeiten, die den politischen Wettbewerbern verschlossen sind, unterbleibe.

Als Kernsatz sollten sich alle Vertreter aller Regierungen diese Passage des Urteils gut merken: „Es ist der Bundesregierung, auch wenn sie von ihrer Befugnis zur Informations- und Öffentlichkeitsarbeit Gebrauch macht, von Verfassungswegen versagt, sich mit einzelnen Parteien zu identifizieren und die ihr zur Verfügung stehenden staatlichen Mittel und Möglichkeiten zu deren Gunsten oder Lasten einzusetzen.“ Und speziell Angela Merkel sollte sich diese Passage zu Gemüte führen: „Es wäre der Bundeskanzlerin unbenommen gewesen, mit hinreichender Klarheit darauf hinzuweisen, dass sie sich zur Ministerpräsidentenwahl in Thüringen nicht in ihrer Eigenschaft als Bundeskanzlerin, sondern als Parteipolitikerin oder Privatperson äußern werde. Von dieser Möglichkeit hat sie trotz des für ein Handeln in amtlicher Funktion sprechenden äußeren Rahmens der Pressekonferenz keinen Gebrauch gemacht.“ Ihr Handeln war halt auch hier nicht alternativlos!


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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