Donnerstag, 12. Mai 2022

Der Ukraine-Krieg und seine Folgen für das SHK-Fachhandwerk

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Seit dem 24. Februar, dem Tag, als Russland die Ukraine mit Krieg überzog, hatten Installationsbetriebe der Heizungs- und Sanitärbranche (SHK) beruflich gesehen vermutlich wenige ruhige Minuten. Seitdem die Bundesbürger realisierten, dass wir alle Putin und seinen Krieg mit unseren Überweisungen für russisches Öl und Gas, aber auch Kohle finanzieren, wollen auf einmal alle weg von fossilen Energieträgern – und zwar alle auf einmal. Das hat für die Unternehmen Vor- und Nachteile.

Größter Vorteil: Heizungsbauer müssen sich die nächsten Jahre um Aufträge keine Sorgen machen. Größter Nachteil: Die Unternehmen haben gar nicht das Personal, um alle Aufträge abzuwickeln. Hans-Peter Sproten, Hauptgeschäftsführer des Fachverbands SHK NRW/Düsseldorf, bringt es auf den Punkt: „Jetzt taucht das Problem auf, dass wir ohnehin eine Vollauslastung haben und dass wir nicht, wie vielleicht politisch gewünscht, mal sämtliche Bäder in NRW liegen lassen können, um nur noch Heizungsanlagen zu bauen.“

In diesem Zusammenhang gibt es ganz aktuell eine Auswertung des Statistischen Bundesamtes, die darüber Auskunft gibt, welche Energieträger welchen Anteil beim Beheizen des Wohnungsbestandes in Deutschland haben. Verglichen wurden die Jahre 1995 und 2020: ● Gas stieg um knapp 10 Prozent auf 49,5 Prozent ● Heizöl sank um 14 Prozent auf 25 Prozent in 2020 ● Fernwärme legte um knapp 6 Prozent auf 14,1 Prozent zu ● Stromheizungen verloren 3 Prozent auf nunmehr 2,6 Prozent ● ebenfalls 2,6  Prozent (von 0 Prozent kommend) halten Elektrowärmepumpen ● knapp 5 Prozent verloren die 'Sonstigen' (Holz, Holzpellets, sonstige Biomasse, Koks/Kohle und sonstige Heizenergie).

Wer als politisch Verantwortlicher den Ehrgeiz hat, von fossiler Energie weg zu anderen Energieträgern zu wechseln, der muss 'mal eben' knapp 75 Prozent der bundesweit rund 20 Millionen Heizungsanlagen umstellen. Wobei noch zu berücksichtigen ist, dass rund 60 Prozent der Gasheizungen schon 20 oder mehr Jahre auf dem Buckel haben und dringend ausgetauscht werden sollten. Beim Heizöl sieht es auch nicht viel besser aus. Die Sorgenfalten auf der Stirn des SHK-Fachverband-Chefs sind allein schon deshalb sehr gut nachvollziehbar. Im letzten Jahr sind deutlich mehr als 150.000 Wärmepumpen in Deutschland verkauft worden (+28 % gegenüber 2020) und in diesem Jahr wird vermutlich noch einiges draufgesattelt, wie wir bei Gesprächen auf der IFH/intherm vorletzte Woche in Nürnberg (26. bis 29. April) erfahren haben. Ein paar Beispiele aus Gesprächen 'auf den Gängen':

● „Wir hatten auch früher schon viele Anfragen bezüglich neuer Wärmepumpen. Das ging so Mitte 2018 los, aber mittlerweile hat es Dimensionen angenommen, die unfassbar sind. Wenn ich alle Aufträge annehmen wollte, müsste ich dreimal so viele Leute haben.“ ● „Mit Beginn des Ukraine-Krieges hat sich die Nachfrage nochmal drastisch erhöht.“ ● „Blöderweise kommt jetzt einiges zusammen: Die hohe Nachfrage, die Lieferschwierigkeiten der Industrie und der Fachkräftemangel auf unserer Seite.“ ● „Wir können das im Moment noch einigermaßen händeln über Umschichtungen im Betrieb. Wenn wir Terminverschiebungen haben durch Lieferprobleme eines Herstellers, bieten wir unseren Kunden als Zwischenlösung, um die Zeit zu überbrücken und ihnen ein gutes Gefühl zu geben, schon mal den Austausch externer Umwälzpumpen an oder smarte Thermostate. Durch die Aussage: 'Dann können Sie sofort sparen', kriegen wir viele Kunden. Die wollen lieber einmal Geld ausgeben für Technik als dauerhaft für Putin.“

Es gibt allerdings auch Aussagen, die wir nicht unter den Teppich kehren wollen. So unglaublich es klingt, die große Mehrheit der deutschen SHK-Fachhandwerker und Heizungsbauer hat offenbar noch keine Wärmepumpe eingebaut. Das liest sich dann so: ● „Das ist richtig. Wir hatten aber auch noch keine Notwendigkeit, uns um dieses Thema zu kümmern. Unsere Kunden wollten das bislang nicht haben, und wir haben ehrlicherweise mit der Technik ein wenig gefremdelt.“ ● „Wir haben den Betrieb gerade von unserem Senior übernommen. Der hatet sich komplett gegen alles gesperrt, was einen Stecker hatte. Wir kümmern uns aber jetzt auch um Wärmepumpen. Wir gehen sogar so weit, dass wir einen Mitarbeiter abstellen, der sich federführend für uns alle mit dem Thema Förderung bei regenerativer Heizung auseinandersetzen soll. Wenn wir schon bei Wärmepumpen einsteigen, dann auch richtig!“

Nicht nur bei der Förderung ist es wichtig, auf dem Laufenden zu sein. Wärmepumpen sind für Neubauten in aller Regel erste Wahl. Dank immer besser werdender Technik lässt sich aber auch eine Bestandsimmobilie bei der Heizungssanierung auf eine Wärmepumpe umstellen. Doch längst nicht jedes Haus ist grundsätzlich geeignet. Bei Häusern, die so schlecht gedämmt sind, dass sie an kalten Wintertagen eine Vorlauftemperatur von mehr als 60 Grad Celsius benötigen, liefern Wärmepumpen zwar 'relativ' saubere Wärme, allerdings benötigen sie zu deren Produktion jede Menge Strom. Immobilien jedoch, die über eine Fußboden- oder sonstige Flächenheizung verfügen, sind mit einer Wärmepumpe bestens bedient.

Ansonsten gilt: Wohl ab dem 1. Januar 2024 soll möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Die Idee ist nicht von uns, sondern von der Ampel-Koalition beschlossene Sache.

Hans Georg Pauli ist Chefredakteur des markt intern-Informationsbriefes Installation Sanitär/Heizung


Verfasst von: Hans Georg Pauli | Kommentare (0)

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