Freitag, 04. März 2022

IHK Pfalz verzichtet gegenüber bffk-Mitglied auf Beitragserhebung für fünf Jahre

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Die Beitragserhebung vieler Industrie- und Handelskammern ist seit Jahren Gegenstand diverser rechtlicher Auseinandersetzungen, die vorwiegend Mitglieder des Bundesverbands für freie Kammern (bffk) gegen ihre jeweils zuständige IHK führen. Zahlreiche obergerichtliche Urteile haben den Klägern dabei recht gegeben. Und zahlreiche Fälle wurden dadurch beendet, dass die IHKn im Laufe des Verfahrens die Bescheide einfach aufgehoben haben.

Das ist für die Betreffenden im Einzelfall ein schönes Ergebnis, für die übrigen IHK-Mitglieder folgt daraus allerdings nichts, solange sie sich nicht selbst wehren. Denn während einige IHKn durchaus einsichtsfähig sind und ihre Wirtschaftspläne den gegebenen rechtlichen Bestimmungen anpassen, womit dann alle Mitglieder in den Genuss sinkender Beiträge kommen, bleiben andere schlicht untätig und nehmen ihren Mitgliedern unverändert überhöhte Beiträge ab.

Aktuell berichtet der bffk, die IHK Pfalz mit Sitz in Ludwigshafen habe mit Schreiben vom 21. Februar 2022 gegenüber einem Mitglied die Aufhebung der Beitragsveranlagung für die Jahre 2016 bis 2021 erklärt. Dadurch habe, so der bffk, das Mitglied immerhin IHK-Beiträge von fast 4.000 Euro gespart. Zunächst habe die IHK im September 2021 die erhobenen Widersprüche noch kostenpflichtig abgewiesen. Der daraufhin angestrengten Klage sei die IHK zunächst entgegengetreten. Aufgrund der 25-seitigen Klagebegründung, mit der der bffk die rechtswidrige Vermögensbildung der IHK über alle Wirtschaftsjahre darlegte, kam dann der Sinneswandel. Offenbar hat die IHK eingesehen, in dem Verfahren voraussichtlich zu unterliegen, und deshalb die Bescheide aufgehoben.

Besonders ärgerlich an dem Fall ist: Es ist nach Angaben des bffk nicht das erste Mal, dass die IHK Beiträge korrigiert. 2017 kam es bereits vor dem Verwaltungsgericht Neustadt a. d. Weinstraße zu einem Prozess gegen die IHK, in dem es um die Beitragsveranlagung der Jahre 2011 bis 2015 ging. Auch hier kam die IHK Pfalz einem für sie voraussichtlich negativen Urteil zuvor, indem sie die strittigen Beiträge aufhob. Der bffk fragt sich, wie es eigentlich möglich ist, dass eine IHK unbehelligt von der Rechtsaufsicht über einen Zeitraum von inzwischen zehn Jahren offenbar selbst nach eigener Erkenntnis rechtswidrige Beitragsbescheide erlässt.

Das fragen wir uns auch, können aber zumindest mit einer Antwort der zuständigen Rechtsaufsicht, dem rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium, dienen. Es hatte uns im Februar 2020 auf eine entsprechende Anfrage mitgeteilt, die rheinland-pfälzischen IHKn stellten ihre Rücklagen seit dem Urteil  des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2015 konsequent auf den Prüfstand. Dies, hieß es weiter, bestätige „die Rechnungsprüfungsstelle Bielefeld, die gegen die Rückstellungspraxis der rheinland-pfälzischen IHKn bislang keine Einwände erhoben hat. Vor diesem Hintergrund gibt es derzeit keinen Anlass, ein Aussetzen der Beitragsfestsetzung durch die rheinland-­pfälzischen IHKn zu erwägen.“ Das Dumme ist nur, dass die Rechnungsprüfungsstelle Bielefeld eine Einrichtung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) ist. Im Klartext: Die IHKn überprüfen dort selbst, ob sie korrekt bilanzieren.

Um es mal klar und deutlich zu sagen: Dieses bewusste Wegsehen der Rechtsaufsicht untergräbt das Vertrauen in den Rechtsstaat, weil der Staat sich zum Mittäter rechtswidriger Beitragserhebungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften macht.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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