Mittwoch, 12. Januar 2022

Ehemaliger Umweltminister Untersteller wird Berater bei MVV Energie

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Eher unspektakulär klingt die Pressemitteilung, die das Mannheimer Energieversorgungsunternehmen MVV Energie AG gestern Abend publizierte. Das Unternehmen ist nach eigener Einschätzung „eines der führenden Energieunternehmen in Deutschland“ mit etwa 6.500 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund 4,1 Milliarden Euro. Es gehört zu 50,1 Prozent der Stadt Mannheim. Unter der Überschrift „Zusammenarbeit zwischen Franz Untersteller und MVV Energie“  heißt es dort: „Franz Untersteller (64) wird künftig mit MVV Energie zusammenarbeiten und den Kompetenzaustausch zu Dekarbonisierung und Smart City-Initiativen zwischen Städten und Kommunen sowie dem Energieunternehmen fördern. Dies hat das Mannheimer Unternehmen zu Beginn des Jahres 2022 mit dem ehemaligen Landesminister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft von Baden-Württemberg vereinbart.“

Wer kein Politprofi ist, dem sagt der Name Franz Untersteller vielleicht zunächst einmal nichts, weshalb sich ihm auch die Brisanz der Mitteilung bis hierhin nicht erschließen wird. Sie ergibt sich aus dem zweiten Absatz der Presseerklärung. Dort wird darauf verwiesen, welcher Tätigkeit Untersteller bis vor Kurzem nachging: „Franz Untersteller blickt auf mehr als 40 Jahre als Experte für Klimafragen und Umweltschutz zurück. Nach seinem Studium der Landschaftsplanung führte ihn seine erste berufliche Station 1981 an das Öko-Institut in Freiburg. Ab 1983 war Untersteller als Parlamentarischer Berater in der Landtagsfraktion der Grünen in Baden-Württemberg für die Bereiche Umwelt- und Energiepolitik zuständig. Von 2006 bis 2021 war er Abgeordneter im Landtag von Baden-Württemberg und von 2011 bis 2021 Landesminister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft.“

Ein Landesminister von Bündnis 90/Die Grünen wechselt also nicht einmal neun Monaten nach seinem Ausscheiden aus dem Amt zu einem Energieversorgungsunternehmen, für dessen Rechtsaufsicht er bis dato zuständig war. Während Grüne sonst – speziell im Bund – nach strengeren Regeln zur Vermeidung von Interessenskonflikten rufen und Verstöße dagegen bei anderen lauthals kritisieren, ist es in eigenen Angelegenheiten mal wieder anders. Es gibt in Baden-Württemberg keine Karenzzeitregelung, die diesen Wechsel verbieten würde (die aber jetzt kommen soll). Insofern kann der kurzfristige Wechsel Untersteller rechtlich nicht vorgeworfen werden. Moralisch allerdings schon.

Verräterisch ist aber, wie der Wechsel vom Umweltministerium Baden-Württemberg kommentiert wird. Die Zeit zitiert einen Ministeriumssprecher so: „Franz Untersteller hat schon vor seinem Ausscheiden als Minister und Landtagsabgeordneter angekündigt, beruflich noch mal etwas Neues machen zu wollen. Dass er jetzt ein Unternehmen bei der Energiewende berät, ist ein logischer Schritt.“ Der Ex-Minister sei ein ausgewiesener Fachmann in Energiefragen, habe der Sprecher gegenüber der Wochenzeitung betont. „Und jeder Experte oder jede Expertin, die beim dringend benötigten Ausbau der erneuerbaren Energien mitwirkt“, zitiert die Zeit weiter, „hilft dem Land bei der wichtigen Energie- und Wärmewende“.

Klar, wenn Grüne eine andere Lebensplanung haben, ist ein Wechsel aus dem Ministeramt in die Wirtschaft kein Problem, und wenn es um die Energiewende geht, schon gar nicht. Heuchlerischer geht es kaum noch. Aber im Südwesten herrschen inzwischen unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann eh schon eher monarchistische Strukturen. Kretschmann hatte Ende Juni eine eigenes Pandemieregime gefordert, mit dem Regierungen „unverhältnismäßige Maßnahmen“ ergreifen dürften. Wollte er dann zwar 24 Stunden später so nicht gemeint haben, aber wer seine öffentlichen Auftritte zuletzt verfolgt hat, kann sich seinen Reim darauf machen.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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