Dienstag, 21. Dezember 2021

Flutkatastrophe: Pünktliche Bilanz betroffener Unternehmen wichtiger als Wiederaufbau

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Während in den letzten 14 Tagen des Jahres die Finanzverwaltung NRW den traditionellen Weihnachtsfrieden einläutet und weder Betriebsprüfungen noch Vollstreckungsmaßnahmen einleitet, überrascht die andere große Geldeintreibungsbehörde in NRW, das Bundesamt für Justiz (BfJ) in Bonn, in der letzten Adventswoche mit weniger besinnlichen „Hinweisen für Unternehmen, die vom Juli-Hochwasser 2021 betroffen sind“. Demnach gelten die „gesetzlichen Pflichten zur Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen (…) grundsätzlich auch für Unternehmen, die vom Hochwasser betroffen sind. Die durch die Finanzbehörden gewährten Fristverlängerungen führen nicht zu einer Aussetzung der Offenlegungspflicht des § 325 HGB.“

Konkret: Nach dem Willen des BfJ wird es eine Verlängerung der Fristen für die Offenlegung der Jahresabschlussunterlagen nicht geben. Vom Hochwasser betroffenen Unternehmen „können“ aber „mitteilen“, in welchem Umfang das Unternehmen vom Hochwasser betroffen ist und inwieweit es deshalb an der Offenlegung gehindert ist. Diese formlose Mitteilung wird (kann?!) im Verfahren berücksichtigt werden – mehr aber auch nicht. Lediglich für offene Vollstreckungsforderungen kann beim BfJ schriftlich die zeitlich befristete Stundung der Forderungen beantragt werden. Für diesen Fall muss aber u. a. konkret erläutert werden, wann mit der Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs gerechnet wird.

Hintergrund: Die durch die Finanzverwaltung bundesweit gewährten Fristverlängerungen für die Einreichung der Steuererklärungen 2019 führen nicht zu einer Aussetzung der Offenlegungspflicht des § 325 HGB. Die nach § 325 HGB offenzulegenden Rechnungslegungsunterlagen bilden die Grundlage für die – nachfolgende – Steuererklärung, § 5 Absatz 1 Satz 1 EStG. Etwaige durch das Finanzamt gewährte Fristverlängerungen zur Abgabe der Steuererklärung haben daher auf die handelsrechtliche Offenlegungspflicht und das Ordnungsgeldverfahren nach § 335 HGB keinen Einfluss.

Die Sorge, Vollstreckungsbeamte könnten umsonst in die Katastrophengebiete reisen und sich womöglich nasse Füße holen und sich damit der Gefahr einer Erkältung aussetzen, ist offenbar größer als das Mitgefühl und die Hilfsbereitschaft für die am Boden liegenden Unternehmen. Wäre das Schreiben des BfJ von Loriot verfasst, würde man es wegen seines trockenen Humors sicherlich loben. In diesem Falle aber bleibt selbst den ansonsten weniger zimperlich vorgehenden Kollegen der Finanzämter das Lachen im Halse stecken.

Peter Vogt ist Chefredakteur des markt intern-Informationsbriefes GmbH intern


Verfasst von: Peter Vogt | Kommentare (0)

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