Freitag, 19. November 2021

Enquete-Kommission Zukunft des Handwerks übergibt Umsetzungsbericht

Blogeintrag | Kommentare (0)

Am gestrigen Abend hat die Landesregierung den Umsetzungsbericht der ‘Enquete-Kommission Zukunft von Handwerk und Mittelstand in NRW’ mit 171 Handlungsempfehlungen an den Landtag Nordrhein-Westfalen übergeben. Und alle Beteiligten, die an dem Bericht mitgewirkt haben, betrachten dies berechtigterweise als Zwischen- und nicht Endergebnis einer sehr erfolgreichen parteiübergreifenden Arbeit. Der vorgelegte Umsetzungsbericht enthält mehr als die meisten vor vier Jahren beim Start der Arbeit erwartet haben dürften. Insoweit ist auch verständlich, dass alle Redner und alle von Moderatorin Gisela Steinhauer Interviewten die Arbeit der Kommission und deren Ergebnisse lobten. Die Kommission hat in der Tat sehr konkrete Vorschläge gemacht, die auch weitgehend von der Politik abgearbeitet worden sind, wenn auch im Ergebnis nicht immer zur vollständigen Freude aller Beteiligten. So wurde zum Beispiel das digitale Gewerbeamt auf den Weg gebracht, Azubis fahren mit einem vergünstigten Ticket durch Nordrhein-Westfalen, die Berufliche Bildung wurde gestärkt und jungen Meisterinnen und Meistern wird mit einer deutlich verbesserten Gründungsprämie der Start in die Selbstständigkeit erleichtert.

Gleichwohl ist mindestens so wichtig, dass der Umsetzungsbericht nicht das Ende der Diskussionen zur Fortentwicklung des Handwerks ist, sondern der Anstoß, im Geiste der Kommission weiter zu diskutieren und nach Lösungen zu suchen, die für einen erfolgreichen Fortbestand der Handwerksunternehmen sorgen. Dass die Zeiten für das Handwerk zwar aktuell durchaus golden sind, in der Zukunft aber auch erhebliche Herausforderungen auf das Handwerk warten, ist nicht nur den an dem Projekt Beteiligten aus Handwerk und Politik klar, sondern machte der sehr informative und analytische Vortrag von Dr. Christian Welzbacher, Leiter des Heinz-Piest-Instituts für Handwerkstechnik an der Leibniz Universität Hannover, deutlich. Die Themenbereiche und die zugehörigen Fakten sind nicht neu, sie sind den meisten auch bekannt, beispielsweise der sich verschärfende Fachkräftemangel und die Herausforderungen der Digitalisierung.

Dass aber auch kluger wissenschaftlicher oder praktischer Rat bei manchen Problemen endet, machte Maren Winklareth-Koch, Zahntechnikmeisterin aus Ennepetal, deutlich, die als Inhaberin eines Zahllabors berichtete, es gelinge ihr praktisch nicht mehr, Mitarbeiter oder auch Auszubildende für ihr Zahnlabor zu finden, weil die Löhne, die sie zahlen könne, im Vergleich zu anderen Berufen zu niedrig seien. Sie könne jedoch nicht einfach die Löhne erhöhen, weil die Rechnungshöhe bei Umsätzen mit den Krankenkassen gedeckelt sei. Welzbacher räumte unumwunden ein, keine Lösung für dieses Problem zu haben. Auch Wirtschafts- und Digitalminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart konnte nicht wirklich helfen. Sein Appell, sich digital so aufzustellen, dass die Abläufe und die Geschäftsfelder profitabler werden, ist ein gut gemeinter Tipp, aber konkret nicht zielführend.

Das Problem der niedrigen Löhne aufgrund gedeckelter Kassenausgaben, lässt sich damit nicht wirklich lösen. Pinkwart war ehrlich genug einzuräumen, dies sei ein sehr dickes Brett. Zu versprechen, die Kassenleistungen zu erhöhen, verbiete sich, weil damit sehr vielfältige Begehrlichkeiten wüchsen. Gleichwohl müsse das Handwerk der Politik diese Bedingungen intensiv spiegeln, damit die Politik nach Lösungen suche, die letztlich für alle verträglich sind. Und damit ist das Problem der Zahnimplantate aus anderen Ländern, die zum Teil deutlich günstiger angeboten werden, noch gar nicht berücksichtigt.

Ein großes Problem ist und bleibt die zunehmende Diskrepanz zwischen jungen Menschen, die eine universitäre Ausbildung beginnen, und denen, die sich für eine berufliche Ausbildung entscheiden. Dass dies auch mit dem gesellschaftlichen Wandel zu tun hat, hatte zuletzt NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann bei seiner Auszeichnung mit dem Georg-Schulhoff-Preis dargestellt. Auch Welzbacher machte zu dieser Entwicklung sehr nachdenklich stimmende Angaben. Dass es dennoch Menschen gibt, zunehmend auch Frauen, die sich im Handwerk beruflich engagieren, dafür standen neben Winklareth-Koch noch Priyanka Balamohan, Bäcker- und Konditormeisterin aus Köln, und Nadine Ludwigs, Dipl. Wirt.Ing., Reinigungs- und Hygienemanagement / Obermeisterin der Gebäudereiniger-Innung Mittlerer Niederrhein aus Viersen. Die beiden belegen allerdings auch durch ihre Herkunft aus Handwerksfamilien, wie wichtig es ist, in der Ausbildung der Lehrer und der schulischen Ausbildung der Kinder Bezüge zum Handwerk herzustellen. Ansonsten dürften auch die besten Imagekampagnen des Handwerks nicht dafür sorgen können, dass ausreichend junge Menschen den Weg ins Handwerk finden.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

Zurück zum Blog

Kommentar verfassen

Bitte beachten Sie bei Ihren Kommentaren unsere Netiquette