Freitag, 05. November 2021

Erneut schwere gerichtliche Schlappe für vermögensbildende IHK

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Seit rund zehn Jahren kämpft der Bundesverband für freie Kammern (bffk) gegen die Praxis vieler Industrie- und Handelskammern, rechtswidrig aus den Beiträgen der Mitglieder Vermögen zu bilden. Im Dezember 2015 entschied erstmals das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im Sinne des bffk. Diesem Urteil folgten unglaubliche weitere vier Entscheidungen des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts, in denen das BVerwG jeweils seine Rechtsprechung bestätigte, wonach IHKn kein Vermögen aus den Mitgliedsbeiträgen bilden dürfen. Dies hat zur Konsequenz, dass häufig Beitragsbescheide rechtswidrig sind, weil die IHK anstelle der Beiträge das unzulässig gebildete Vermögen zu ihrer Finanzierung verwenden müsste.

Ist es schon ein Skandal, dass trotz dieser höchstrichterlichen Urteile unverändert Kammern an ihrem Vermögen festhalten, ist noch skandalöser, dass die Rechtsaufsicht diesem Treiben der IHKn kein Ende bereitet und auch die Politik dies nicht tut, indem sie beispielsweise die Pflichtmitgliedschaft abschafft. Im Gegenteil, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat sogar in diesem Jahr die Pflichtmitgliedschaft noch durch eine Gesetzesänderung erweitert!

Wie abgezockt manche IHK mit ihrer rechtswidrigen Vergangenheit umgeht, beweisen zwei aktuelle Urteile des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, die zwei Mitglieder gegen die IHK Düsseldorf erstritten haben. Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht hat seine Pressemitteilung zu dem Urteil mit dem schlichten Satz überschrieben: „Mitgliedsbeiträge der IHK Düsseldorf weiterhin rechtswidrig“. Dieser Satz verdeutlicht die Verärgerung der Justiz über das Verhalten einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, die mit billigen Tricks versucht, ihre rechtswidrigen Beitragsbescheide reinzuwaschen.

In dem konkreten Fall geht es um Beitragsbescheide für die Jahre 2014 und 2015 vom Dezember 2018. Eine Beitragserhebung für diese Jahre hatte das Verwaltungsgericht bereits im September 2018 für rechtswidrig erklärt, weil die IHK Düsseldorf unzulässig Vermögen gebildet hatte, das sie zu ihrer Finanzierung hätte einsetzen müssen, bevor sie Beiträge bei ihren Mitgliedern erhebt. Doch statt dies zu akzeptieren, änderte die IHK Düsseldorf einfach nachträglich ihre Wirtschaftssatzung für die Jahre 2014 und 2015, um gegenüber den Klägern erneut Beiträge für diese Jahre festzusetzen. Darauf muss man erst einmal kommen!

Doch das Verwaltungsgericht Düsseldorf erklärt diesen Trick schlicht für unzulässig, weil es für die rückwirkende Heilung der fehlerhaften Wirtschaftsplanung keinen rechtlichen Ansatz gebe. Mit den Worten des Gerichts: Die Beklagte hat also der rückwirkenden Festlegung der Beitragssätze nicht den für das Jahr 2014 in der Wirtschaftsplanung prognostizierten Finanzbedarf zugrunde gelegt, sondern denjenigen Finanzbedarf, wie er sich rückblickend aus dem Jahresabschluss für das Jahr 2014 ergibt. Ein solches Vorgehen ist nicht zulässig. Es entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben. Ein Wirtschaftsplan könne nach dem Ende des jeweiligen Geschäftsjahres nicht mehr geändert werden. „Dies ist unstreitig.“ Das Gesetz biete „keinen Anhaltspunkt dafür, dass für den Fall einer rückwirkenden Beschlussfassung über die Beitragssätze abweichend davon auf den Finanzbedarf der IHK abgestellt werden darf, der sich nach dem Ende des Geschäftsjahres als zutreffend herausgestellt hat.“ Man muss sich schon wundern, dass dies ein Gericht einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft mit hoch bezahlten Mitarbeitern und wahrscheinlich noch höher bezahlten anwaltlichen Vertretern sagen muss.

Wir gehen mal davon aus, dass auch das OVG Nordrhein-Westfalen zu keinem anderen Ergebnis kommt, sollte die IHK Düsseldorf die zugelassene Berufung einlegen. Wir würden ihr allerdings davon abraten. bffk-Geschäftsführer Kai Boeddinghaus betont gegenüber Mi, dass zwar bundesweit bereits Vermögen in „im hohen neunstelligen Bereich“ durch zahlreiche IHKn erstattet wurde, womit die Beitragslast der Mitglieder entsprechend verringert wurde. Ihn ärgert aber unverändert, dass gleichzeitig zahlreiche IHKn versuchen, ihr rechtswidrig erworbenes Vermögen dadurch zu retten, indem sie ihre Wirtschaftspläne rückwirkend ändern. „Dem“, so Boeddinghaus, „hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf eine klare Absage erteilt. Die IHK Düsseldorf ist damit mitsamt ihren teuren Berliner Anwälten krachend gescheitert.“ Boeddinghaus schätzt, dass bundesweit mit diesem ‘Trick’ den IHK-Mitgliedern weiterhin rechtswidrig Beiträge in Millionenhöhe entzogen worden sind und weiter entzogen werden.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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