Mittwoch, 13. Oktober 2021

BER – Schein und Wirklichkeit eines überalterten neu eröffneten Flughafens

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Der Flughafen Berlin Brandenburg (BER) hat nicht nur eine skandalöse Entstehungsgeschichte, über die wir zahlreiche Beiträge in den vergangenen zehn Jahren verfasst haben, die Skandale setzen sich unverändert fort. Nun ist der BER nicht der einzige Flughafen in Deutschland, der mit Problemen bei der Abfertigung der Passagiere und der Aushändigung ihres Gepäcks zu kämpfen hätte. Sparen am falschen Ende und unterschiedlichste Zuständigkeiten für die Abwicklung der Flüge sind ein Merkmal der Branche. Das dürften die meisten schon am eigenen Leib erfahren haben. Allerdings waren die Zustände am BER am vergangenen Wochenende schon speziell. Die Lufthansa etwa, empfahl ihren Kunden zwischenzeitlich, vier Stunden vor Abflug vor Ort zu sein! Das muss insofern verwundern, als sich der Aufsichtsrat des BER am 24. September von der Geschäftsleitung „über die aktuelle Situation am BER“ unterrichten ließ. In der offiziellen Pressemitteilung  wurde der Inhalt dieser Unterrichtung so wiedergegeben:

„Insgesamt liefen die technischen Prozesse am Flughafen BER trotz zunehmender Passagierzahlen in den letzten Wochen stabil. Bei den Abläufen hat eine große Herausforderung vor allem darin bestanden, die Kontrollen von Impf- und Testnachweisen beim Check-in und bei den Einreisekontrollen in die Abfertigungsprozesse zu integrieren. Diese zusätzlichen Aufgaben haben die Abfertigungsprozesse am Flughafen verlangsamt und auch zu Kritik der Fluggäste geführt. Vor dem Hintergrund des zu erwartenden Herbstferienverkehrs hat die Geschäftsführung dem Aufsichtsrat dargestellt, mit welchen Maßnahmen die Abläufe bei Abflug und Ankunft stabilisiert und beschleunigt werden sollen. Zur weiteren Verbesserung der Abläufe gehören auch die Ergänzungen von Beschilderungen im Terminal, der ständige Austausch mit der Bundespolizei zu den Sicherheits- und Passkontrollen sowie die verstärkte Reinigung der Sanitärbereiche.“

Warum trotzt dieser Vorhersagen dann die Organisation des voraussehbaren Andrangs derart in die Hose ging, lässt sich einerseits mit den berühmten Berliner Verhältnissen erklären. Andererseits gibt es aber auch ein paar spezifische Erklärungen. Der Flughafen ist, obwohl erst vor einem Jahr eröffnet, schlicht überaltert. Dies ist wiederum kein Wunder, berücksichtigt man die Zeitspanne seiner Errichtung. Er mag mal ambitioniert und modern gewesen sein, aber nach 20 Jahren gilt das halt nicht mehr. Ein weiterer Grund der aktuellen Misere ist die Tatsache, dass derzeit nur ein Terminal betrieben wird. Der Grund dafür liegt in der finanziell angespannten Situation des Flughafens.

In der schon angesprochen Pressemitteilung klingt das so: „Zur wirtschaftlichen Situation der Flughafengesellschaft berichtete die Geschäftsführung, dass die Liquidität der FBB bis zum Februar 2022 gesichert ist. Sie informierte den Aufsichtsrat über die Fortsetzung von Sparmaßnahmen. Nur die für den Betrieb absolut notwendigen Investitionen werden realisiert. Das baulich fertiggestellte Terminal 2, das sich in einem ‘Schlummerbetrieb’ befindet, wird wegen der fehlenden Passagiermenge in diesem Jahr nicht mehr in Betrieb genommen. Die beiden Start- und Landebahnen werden bis auf Weiteres abwechselnd betrieben. Außerdem ist die Kurzarbeit bis Dezember verlängert worden.“

Wie beruhigend, dass die Liquidität des wichtigsten Infrastrukturbetriebes für Berlin immerhin „bis zum Februar 2022 gesichert ist“. Und wie schön für die Fluggäste, dass sie sich aus Kostengründen in einem übervollen Terminal 1 in Warteschlangen vor zu wenigen Schaltern drängeln müssen, weil Terminal 2 sich aus Kostengründen in „einem ‘Schlummerbetrieb’ befindet“. Und noch etwas ist der viel zu langen Bauzeit und dem elend langen Leerstand geschuldet. Ein Teil der Infrastruktur des Flughafens selbst gibt schon den Geist auf. So musste die neue Geschäftsführerin des BER, Aletta von Massenbach, einräumen, im Hauptterminal seien acht von 17 Laufbändern ausgefallen. Sie seien irreparabel kaputt. Den Hersteller zu belangen ist zwecklos. Sie wurden bereits 2012 eingebaut, ihre Garantie ist abgelaufen. „Dit is Berlin“, sagt der Berliner sich und anderen dann gerne zum Trost.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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