Donnerstag, 30. September 2021

Peinliche Entscheidung des WDR im Fall Nemi El-Hassan

Blogeintrag | Kommentare (0)

Im Mai erklärte die damalige Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, sie werde wegen des laufenden Verfahrens zur Aberkennung ihres Doktortitels (die inzwischen erfolgt ist) vom Amt der Bundesfamilienministerin zurücktreten, gleichzeitig aber als Spitzenkandidatin der SPD bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus antreten. Wir hatten dazu angemerkt, es sei unverständlich, warum der Doktortitel beachtlich für das Amt als Familienministerien sein solle, nicht aber für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin in Berlin. Ähnlich kurios mutet die Entscheidung des WDR im Fall Nemi El-Hassan an.

Anfang September hatte der WDR bekannt gegeben, die Journalistin Nemi El-Hassan werde ab November die Wissenschaftsendung Quarks im WDR-Fernsehen moderieren. Daraufhin gab es vielfältigen Protest, weil  – wie die Bild-Zeitung als Erste aufgedeckt hatte – El-Hassan sich in der Vergangenheit nicht nur an antisemitischen Al-Quds-Demonstrationen in Berlin beteiligt hatte, sondern auch durch unrühmliche Posts aufgefallen war. Daraufhin kündigte der WDR eine Überprüfung seiner Entscheidung an. Nachdem die erfolgt ist, verkündete WDR-Intendant Tom Buhrow im Rundfunkrat des WDR, Hassan werde die Sendung nicht moderieren, aber man könne ihr anbieten, als Autorin hinter der Kamera für Quarks zu arbeiten.

Wie das? Vor der Kamera ist sie ein Problem, hinter der Kamera nicht? Entweder hat sie sich glaubhaft vom Antisemitismus abgewandt (wie sie selbst behauptet, der WDR aber offenbar bezweifelt) oder nicht. Ist Letzteres der Fall (was offen ist), ist völlig unverständlich, warum dann ihre Autorenschaft hinter der Kamera kein Problem sein soll, wohl aber eine Moderation vor der Kamera. Sollte der WDR meinen, der eigentliche Grund wären mögliche Proteste, sollte El-Hassan moderieren, unterliegt er offenbar einem naiven Trugschluss. Glauben die Verantwortlichen wirklich, die Proteste blieben aus, wenn sie in den Beiträgen als Autorin genannt wird? Oder soll dann verschwiegen werden, wer Autor der Beiträge ist? Der WDR hat sich wieder einmal in einer sensiblen Angelegenheit massiv blamiert. Aber mit dem Segen des Bundesverfassungsgerichts, das den öffentlich-rechtlichen Sendern eine besondere Qualität attestiert.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

Zurück zum Blog

Kommentar verfassen

Bitte beachten Sie bei Ihren Kommentaren unsere Netiquette