Freitag, 10. September 2021

Prallen an Olaf Scholz alle Vorwürfe ab?

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Man stelle sich vor, die Staatskanzlei in NRW wäre von Staatsanwälten durchsucht worden, weil diese dem Verdacht nachgehen, die Leitung der Staatskanzlei könne in die unzureichende Bearbeitung von Geldwäscheverdachtsfällen verwickelt sein. Was wäre wohl geschehen? Binnen Minuten wären die Netzgemeinde und weite Teile der Medien über Armin Laschet hergefallen. Gestern durchsuchten Staatsanwälte allerdings nicht die nordrhein-westfälische Staatskanzlei, sondern das Bundesfinanzministerium (BMF) und das Bundesjustizministerium. Chef des BMF ist SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz.

Ziel der Durchsuchung beider Ministerien ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft Osnabrück, „den Straftatverdacht (wegen Strafvereitelung im Amt gegen Verantwortliche der Financial Intelligence Unit FIU, Anm. Red.) und insbesondere individuelle Verantwortlichkeiten weiter aufzuklären. Es soll unter anderem untersucht werden, ob und gegebenenfalls inwieweit die Leitung sowie Verantwortliche der Ministerien sowie vorgesetzte Dienststellen in Entscheidungen der FIU eingebunden waren.“

Im Klartext läuft der Vorwurf darauf hinaus, die Leitung des BMF könne gewusst und geduldet haben, die unzureichende Organisation der FIU, die Olaf Scholz unbedingt in den Bereich des BMF integrieren wollte, um seinen Macht- und Einflussbereich auszudehnen, könne dazu geführt habe, dass Geldwäscheverdachtsanzeigen nicht ordnungsgemäß an die zuständigen Behörden weitergeleitet wurden. Ein Vorwurf, der nicht neu ist. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück weist vielmehr darauf hin, sie ermittle „seit 2020 gegen die FIU, weil – durch Banken gefertigte – Geldwäsche-Verdachtsmeldungen in Millionenhöhe durch die FIU nicht an Polizei und Justiz weitergeleitet wurden. Ausgangspunkt der Ermittlungen war eine Verdachtsmeldung einer Bank an die FIU im Juni 2018 über Zahlungen nach Afrika von mehr als 1 Mio. Euro, wobei die Bank vermutete, dass Hintergrund der Zahlungen Waffen- und Drogenhandel sowie Terrorismusfinanzierung sei. Die FIU nahm diese Meldung zur Kenntnis, leitete sie aber nicht an deutsche Strafverfolgungsbehörden weiter, so dass keine Möglichkeit mehr bestand, die Zahlungen aufzuhalten.“

Kritiker hatten bereits bei der Umorganisation 2017 der FIU (unter dem damaligen Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble), als die Zuständigkeit vom Bundeskriminalamt (das dem Bundesinnenministerium untersteht), zum Zoll (der dem BFM untersteht) genau diese Entwicklung vorausgesagt und die organisatorische Veränderung deshalb kritisiert. Spätestens seit gestern erscheinen die Macherqualitäten des Olaf Scholz erneut in einem ganz anderen Licht, als er und seine Partei sie darstellen. Und wie hat Scholz auf die Durchsuchung reagiert? Er teilte mit, er sei über die Durchsuchungen irritiert. Die Staatsanwaltschaft habe einfach im Ministerium nachfragen sollen. Dann hätte man ihr geantwortet. Klar, wir ahnen auch schon wie: Man könne sich an den Vorgang nicht erinnern! Sebastian Fiedler, Bundesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, hat dazu gesagt: „Die Leute bei der FIU lügen, dass sich die Balken biegen.“

Und wie fiel die Reaktion in den Medien aus? Klar, alle haben darüber berichtet. Aber hat jemand die Eignung des Kandidaten Scholz für das Amt des Bundeskanzlers infrage gestellt? Soweit wir es sehen nicht. Bei Laschet wäre es wohl zu einem Brennpunkt der ARD gekommen und Marietta Slomka hätte im ‘heute journal’ wahrscheinlich den ultimativen Abgesang auf den Kandidaten Laschet vorgetragen. Klar, alles Spekulation, aber spekulieren ist nicht verboten.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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