Mittwoch, 08. September 2021

Köln hinkt meilenweit beim Ladestationsausbau hinter seinem „Meilenstein“ her

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Im November 2019 hatten wir die Stadt Köln kritisiert, die in einer Pressemitteilung vom September 2019 den Abschluss einer Vereinbarung mit der Stadtwerke Köln GmbH (SWK) zum Ausbau der Ladeinfrastruktur als wichtigen „Meilenstein auf dem Weg zu einer emissionsärmeren Mobilität in Köln“ bezeichnet hatte. Hintergrund unserer Kritik war der in Wahrheit mehr als beschiedene Ausbau, der vereinbart wurde. Der Betreibervertrag sieht lediglich vor, „dass die SWK im Auftrag der Stadt in den kommenden zwei Jahren 200 Ladestationen mit insgesamt 400 Ladepunkten im öffentlichen Straßenraum errichtet und betreibt“.

400 Ladepunkte an 200 Stationen bedeuten, dass gleichzeitig maximal 400 Elektroautos aufgeladen werden können. Wie absurd es ist, hier von einem „Meilenstein“ zu sprechen, belegte die Stadt selbst in ihrer Pressemitteilung. Denn wörtlich hieß es dort auch: „So soll in jedem der 86 Kölner Stadtteile mindestens eine Ladestation eingerichtet werden. Etwa 30 Standorte werden mit Schnellladestationen ausgestattet, die dafür geeigneten Elektrofahrzeugen eine kürzere Ladezeit ermöglichen.“ Am 1. Januar 2019 waren in Köln 856 Plug-in-Hybride und 820 reine Elektromobile zugelassen. Den dort zum gleichen Zeitpunkt zugelassenen 483.000 Pkw und insgesamt über 559.000 Fahrzeugen standen 115 Tankstellen zur Verfügung. An ihnen konnten geschätzt rund 900 Autos gleichzeitig tanken. Der Tankvorgang dauert, schnell oder normal, rund fünf Minuten. Das ermöglicht etwa 9.000 Tankvorgänge in der Stunde, also 108.000 Tankvorgänge innerhalb von zwölf Stunden. In der gleichen Zeit würden 400 Ladepunkte ungefähr 1.100 Ladevorgänge schaffen (vorausgesetzt das Netz macht mit).

Wer die Verhältnisse in Köln ein wenig kennt, vermutet vielleicht schon, der „Meilenstein“ könne verfehlt worden sein. Ist er auch! Wie der ‘Kölner Stadtanzeiger (KStA)’ letzte Woche berichtete, gibt es derzeit zwar tatsächlich 400 Ladepunkte, aber nur deshalb, weil 278 halböffentliche Ladepunkte von Unternehmen privat errichtet wurden. Die SWK hatte von den vereinbarten 400 Ladepunkten Anfang des Jahres genau sechs errichtet und bis heute 122. Gegenüber dem KStA räumt ein Sprecher des Kölner Energieversorgers RheinEnergie zwar ein, dass Soll sei nicht erreicht worden, kennt aber die Gründe: Fachkräftemangel, Corona-Pandemie und Nutzungskonflikte bei den Standorten der Säulen. Klar, das konnte man 2019 natürlich alles nicht voraussehen. Noch kuriose ist sein Hinweis, die Nachfrage der Kölner nach E-Autos sei in der Vergangenheit eher gering gewesen. Der KStA kommentiert dies so: „Besonders absurd mutet die Argumentation der RheinEnergie an, dass die Nachfrage der Kölner nach E-Autos bislang gering sei – das ist wohl kaum ein Wunder, wenn sich die Fahrerzeuge erst gar nicht aufladen lassen.“

Wie peinlich die Zahl der geplanten Ladestationen tatsächlich ist, belegt ein Vergleich mit anderen Städten: Essen mit rund 400.000 Einwohnern weniger als Köln hat bereits 408, Hamburg, nicht einmal doppelt so groß wie Köln, 1.401 und München, etwa eineinhalbmal so groß, 1.419. Dass ausgerechnet Berlin mit 1.404 Ladesäulen ebenfalls vergleichbar wenige Säulen aufweist, erklärt sich angesichts der „Berliner Verhältnisse“ von selbst. Nach derzeitiger Planung wollen die Verantwortlichen in Köln, so der KStA, bis 2024 ‘stolze’ 1.000 Ladepunkte errichten. Das wird den Absatz von E-Autos in Köln pulverisieren! Am 1. Januar 2021 waren im Übrigen in Köln 5.431 Plug-in-Hybride und 3.204 reine E-Autos zugelassen. Viel Spaß beim Laden in Köln.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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