Freitag, 03. September 2021

Kleinere Betriebe bilden zunehmend weniger aus

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Nachwuchssorgen hat die deutsche Wirtschaft in vielen Bereichen. Eher schleichend und öffentlich eher unbemerkt vollzieht sich bei der betrieblichen Ausbildung zudem ein Wandel. Während jahrelang Kleinst- und Kleinbetriebe die Mehrzahl der Lehrlinge ausbildeten, kippt diese Entwicklung. Darauf verweist das Institut für Mittelstandsforschung/IfM Bonn in einer aktuellen Erhebung.

Anhand einer Sonderauswertung der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit stellt das Institut fest, erstmals seit 2016 sei 2020 die Anzahl der Auszubildenden in der gewerblichen Wirtschaft und in den Freien Berufen wieder gesunken: von 1,56 Millionen (2019) auf 1,54 Millionen (2020). Dieser Schwund lässt sich zwar noch mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie erklären. Auffällig ist jedoch eine andere Entwicklung, die lange vor Corona eingesetzt hat.

Der Rückgang der Ausbildungszahlen trifft nämlich nicht alle Betriebsgrößenklassen gleichermaßen. So waren laut IfM Ende 2020 in Großbetrieben mit 500 und mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 7.170 Auszubildende mehr beschäftigt als im Vorjahr. Damit ist die Anzahl der Auszubildenden ausschließlich in der Gruppe der kleinen und mittleren Betriebe (KMB) rückläufig (-28.947 Auszubildende bzw. -2,3 Prozent). In Kleinstbetrieben (weniger als 10 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte) waren zum 31. Dezember 2020 sogar insgesamt 3,4 Prozent weniger Auszubildende beschäftigt als Ende 2019.

Entsprechend entfielen auf diese Betriebe zum Jahreswechsel 2020/21 nur noch 15,4 Prozent aller Auszubildenden. Großbetriebe hingegen kamen auf 20,1 Prozent. Zum Vergleich: 2006 waren noch 23,0 Prozent der Auszubildenden in Kleinstbetrieben beschäftigt, während Großbetriebe nur 17,3 Prozent stellten. In den letzten 15 Jahren hat sich die Verteilung der Auszubildenden zunehmend von den Kleinst- hin zu den größeren Betrieben verlagert. Zwar kommt unverändert insgesamt die deutliche Mehrheit der Auszubildenden in den Betrieben mit weniger als 500 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten unter, 2020 immerhin 79,9 Prozent, so das IfM. Aber der Trend sollte den politisch Verantwortlichen zu denken geben. Denn naturgemäß ist für den weiteren Berufsweg und das Ansehen der Kleinbetriebe nicht ganz unwesentlich, in welcher Betriebsgröße Auszubildende ihre Ausbildung genossen haben.

Ein wesentlicher Grund für den kontinuierlichen Rückgang der Zahl der Auszubildenden in den Kleinstbetrieben liegt nach Meinung von Dr. André Pahnke vom IfM darin, dass diese Betriebe immer seltener geeignete Bewerberinnen und Bewerber finden. Die Ausbildungsbereitschaft der Kleinstbetriebe selbst sei in den vergangenen Jahren nicht gesunken, sondern eher gestiegen. Meist böten sie jedoch nur einen Ausbildungsplatz an. Könne dieser nicht besetzt werden, fielen sie als Ausbildungsbetrieb aus den amtlichen Statistiken heraus, sodass der Eindruck entsteht, sie würden weniger ausbilden wollen.

Dies gilt aber in dieser Form nicht für Klein- und Mittelbetriebe. Deren Ausbildungsneigung, so vermuten wir, könnte auch aufgrund bürokratischer Auflagen im Zusammenhang mit der Ausbildung und wegen des hohen Wettbewerbsdrucks zurückgehen. Eine Ausbildung ist für die Betriebe definitiv teuer. In einem preissensitiven Umfeld ist es daher demotivierend, wenn, wie es viele Klein- und Mittelbetriebe in der Vergangenheit zu oft haben erleben müssen, die von ihnen Ausgebildeten später von größeren Konkurrenten schlicht mit höheren Gehältern und besseren Sozialleistungen abgeworben werden.


Verfasst von: markt-intern Verlag | Kommentare (0)

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