Friday, October 29. 2021
„Weil die FDP neue Substanzsteuern ausschließt, könnten nun angeblich Geringverdiener keine Steuerentlastung erhalten. Die Frage sollte man offenlassen. Die Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen halte ich für nötig. Mit gutem Willen aller Beteiligter kann sich ein Weg finden lassen, ohne an anderer Stelle die Belastungen zu erhöhen.“
Christian Lindner im Interview mit der Rheinischen Post
So überraschend vor gut zwei Jahren Dr. Norbert Walter-Borjans‘ Bewerbung für den Parteivorsitz der SPD im Team mit Saskia Esken war, so überraschend kommt seine heutige Ankündigung, auf dem kommenden Parteitag nicht mehr als Vorsitzender anzutreten. Noch spannender ist allerdings sein Hinweis gegenüber der Rheinischen Post, er sei dagegen, dass die Parteiführung ins neue Kabinett gehe. „Ein Regierungsmitglied als Parteichefin oder Parteichef ist notwendigerweise immer ein Stück Regierungssprecher“, zitiert ihn die RP. Die bisherige Arbeitsteilung – Parteivorsitz auf der einen und Regierungsamt auf der anderen Seite – habe sich bewährt.
Damit hat Nowabo auch für Saskia Esken die Spielregeln quasi vorgegeben. Sollte Olaf Scholz seine sommerliche Bewertung, wonach Esken regierungstauglich, sprich ministrabel zu sein, beibehalten, könnte auch Esken faktisch nicht mehr für den Parteivorsitz kandidieren. Und dann hat Nowabo seinen Rückzug auch noch damit erklärt, „jetzt sollten mal Jüngere ran“. Wen, außer Kevin Kühnert, könnte er damit wohl gemeint haben? Die Koalierungsgespräche der Ampel dürften ab heute spannender werden.
Thursday, October 28. 2021
Minijobs haben es schwer. Sie werden von Arbeitgebern und den meisten Minijobbern selbst geschätzt, aber ihr Image bei den Arbeitsmarktpolitikern ist schlecht. Von denen würden deshalb viele sie gerne ganz abschaffen. Dies wäre allerdings für den Einzelhandel fatal. Entsprechend warnt der Handelsverband Deutschland (HDE) davor, Minijobs in der öffentlichen Debatte unberechtigt in ein schlechtes Licht zu rücken. Nach Angaben des HDE sind aktuell rund 780.000 Minijobber im Einzelhandel beschäftigt. Wichtig dabei: Die Minijobber verdrängen im Gegensatz zu mancher Behauptung keine regulären Arbeitsplätze im Einzelhandel. Im Gegenteil.
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Wednesday, October 27. 2021
Armin Laschet hat seine Abschiedsrede im Landtag Nordrhein-Westfalen genutzt, auf seine sechzehn Jahre in der Landespolitik zurückzublicken. Und man kann ihm attestieren, eine gute Rede gehalten zu haben. Mancher wird denken, eine solche Rede hätte auch gut zu einem Bundeskanzler Laschet gepasst. Dass es dazu nicht gekommen ist, hat etwas mit Laschet zu tun, aber auch mit Dr. Markus Söder. Der hat zu verantworten, dass er zunächst die Auswahl des Kanzlerkandidaten der Union gnadenlos auf die Spitze trieb und schon damit die Union mehr spaltete als einte. Und er ließ, nachdem er unterlegen war, nichts unversucht, Laschet öffentlich vorzuführen.
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Gestern hat der Europäische Rechnungshof seinen Jahresbericht 2020 vorgelegt, der am 15. Juli abgeschlossen wurde. Das 378-seitige Dokument beschäftigt sich mit der konsolidierten Jahresrechnung der EU sowie der „Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Vorgänge“. Positiv an dem Bericht ist, dass nach seiner Prüfung „die der Jahresrechnung für das am 31. Dezember 2020 endende Haushaltsjahr zugrunde liegenden Einnahmen in allen wesentlichen Belangen rechtmäßig und ordnungsgemäß“ waren.
Negativ ist dagegen, dass dies für die Ausgaben (insgesamt 173 Milliarden Euro) nicht gilt. Der Rechnungshof begründet die Versagung seines Testats hinsichtlich der Ausgaben der EU damit, diese wiesen eine „wesentliche Fehlerquote“ auf. Seine geschätzte Gesamtfehlerquote für „die akzeptierten Ausgaben“ betrage 2,7 Prozent. „Ein erheblicher Teil dieser Ausgaben – mehr als die Hälfte – ist in wesentlichem Ausmaß mit Fehlern behaftet. Dies betrifft hauptsächlich erstattungsbasierte Ausgaben, bei denen sich die Fehlerquote auf 4,0 % beläuft. Der Anstieg dieser Ausgaben auf 87,2 Milliarden Euro im Jahr 2020 – dies entspricht 59,0 % unserer Prüfungspopulation – ist in erster Linie auf einen weiteren Anstieg der Kohäsionsausgaben zurückzuführen.“ Insgesamt wurden 728 Vorgänge als „repräsentative Stichprobe“ bei den Ausgaben geprüft. „Diese umfassen Mitteltransfers aus dem Unionshaushalt an die Endempfänger von EU-Mitteln.“
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Tuesday, October 26. 2021
Seit dem Wochenende scheint es in Deutschland nur noch ein Thema zu geben: Das Bekenntnis des deutschen Fußball-Nationalspielers Joshua Kimmich nach dem Bundesligaspiel des FC Bayern gegen die TSG Hoffenheim, seinerseits bisher auf eine Corona-Impfung verzichtet zu haben. Zur Begründung gab Kimmich an, er sie noch skeptisch wegen fehlenden Studien zu den Langzeitfolgen.
Wir wollen an dieser Stelle nicht darauf eingehen, ob Kimmichs Begründung richtig, falsch, klug oder dumm ist. Es geht auch nicht darum, ob es sinnvoll wäre, sich seinerseits impfen zu lassen oder gar nichts zum eigenen Impfstatus zu sagen. Dazu gilt die viel zitierte Weisheit Karl Valentins: Es ist schon alles gesagt worden, nur noch nicht von jedem. Worum es hier gehen soll, ist die Frage, wieso ein solches Statement gestern sogar Eingang in Erläuterungen des Regierungssprechers Steffen Seibert finden konnte, der – als Vertreter der Bundesregierung (!) – vor der Bundespressekonferenz der Hoffnung Ausdruck gab, Kimmich möge bald zu einer anderen Entscheidung kommen und sich impfen lassen.
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Monday, October 25. 2021
Ein Gastkommentar von DIETRICH W. THIELENHAUS
Mit 22 Arbeitsgruppen wollen die Berliner Koalitionäre in spe die Schwerpunkte und Inhalte ihrer Regierungsarbeit definieren. Angesichts der konjunkturellen Hemmnisse würde ein marktwirtschaftlicher Neustart dem Land gut tun, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Auch vordringliche Zukunftsthemen wie die EU zwischen Stabilität und Schuldenunion, die Sicherheit der Energieversorgung und die angaloppierende Inflation sollten eigentlich weit oben auf der Reform-Agenda stehen. Letztlich wird es darauf ankommen, inwieweit sich die FDP gegenüber SPD und Grünen behaupten kann im Spannungsfeld zwischen Staat und Markt, zwischen Zeitgeist und Verantwortung.
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Friday, October 22. 2021
„Die Parteien haben wenig Ohr am Wähler gehabt.“
Klaus-Peter Schöppner, Geschäftsführer Mente>Factum, am 22. Oktober bei ‘Handwerk um Zwölf’ zur Diskrepanz der Themen, die die Parteien im Bundestagswahlkampf herausgestellt haben, und den Präferenzen der Wähler
Eines muss man SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil lassen: Er ist mutig. Oder ist er doch nur ein abgebrühter Zocker? Jedenfalls überrascht die Essener WAZ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung) ihre Leser mit der Überschrift „Klingbeil erwartet geringere Verschuldung“ zu einem Interview mit ihm. In ihm betont Klingbeil zur Finanzierung der geplanten Maßnahmen der Ampel: „Auf der einen Seite stehen dank Olaf Scholz jetzt schon 50 Milliarden Euro pro Jahr für Zukunftsinvestitionen im Haushalt. Auf der anderen Seite wollen wir private Investitionen zum Beispiel in den Ausbau erneuerbarer Energien noch viel stärker anreizen.“ Auf die Frage der Redaktion, ob dies bedeute, „ohne größere Neuverschuldung“ auszukommen, antwortete Klingbeil:
„Die Details klären wir in den Verhandlungen. Aber wir sind in einem viel stärkeren Wachstum, als wir das zu Hochzeiten von Corona noch befürchtet haben. Das wird dafür sorgen, dass mehr Steuereinnahmen da sind. Dazu kommen Einnahmen zum Beispiel durch die globale Mindestbesteuerung, die pro Jahr für Deutschland etwa sechs Milliarden Euro bringen wird.“ Offenbar hat Klingbeil übersehen, dass die Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Wachstumsziele für das laufende Jahr nach unten korrigiert haben.
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Wednesday, October 20. 2021
Es hat etwas gedauert, aber langsam werden die Proteste der Arbeitgeberverbände zur geplanten Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro vernehmbarer. Aktuell beträgt er noch 9,60 Euro, steigt aber aufgrund der Beschlüsse der Großen Koalition zum 1. Januar 2022 bereits auf 9,82 Euro (und würde ab dem 1. Juli 2022 aufgrund dieser Beschlüsse 10,45 Euro betragen). BDA-Präsident Rainer Dulger hatte bereits unmittelbar nach Bekanntwerden des Sondierungspapiers Kritik an dieser deutlichen Erhöhung geübt: „Dass nun die Mindestlohnkommission ausgehebelt werden soll, ist ein schwerer Eingriff in die Tarifautonomie. Das ist brandgefährlich. Ein Mindestlohn von 12 Euro würde in über 190 Tarifverträge eingreifen und über 570 tariflich ausgehandelte Lohngruppen überflüssig machen. Eine derartige Mindestlohngrenze würde eine enorme Lohnspirale nach oben erzeugen und somit den Arbeitsmarkt für Geringqualifizierte unheimlich erschweren.“
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„Es war mir in all den Jahre eine Ehre und eine Herzensangelegenheit die Institution Bundesbank – und damit auch Sie alle – zu vertreten und gemeinsam mit Ihnen die Positionen der Bank im Interesse einer stabilen Währung, eines stabilen Finanzsystems, stabiler Zahlungsverkehrssysteme und einer sicheren Bargeldversorgung zu gestalten. Ich kenne keine andere Institution, in der so viel Sachkenntnis mit so viel Engagement für die vielfältigen wichtigen öffentlichen Aufgaben zusammentrifft.“ Mit diesen Worten verabschiedet sich der Präsident der Deutschen Bundesbank, Dr. Jens Weidmann, von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Bundesbank, die er freiwillig zum Jahresende verlässt.
Die Entscheidung sei ihm schwer gefallen, erläutert Weidmann. „Aber ich bin zur Überzeugung gelangt, dass mehr als 10 Jahre ein gutes Zeitmaß sind, um ein neues Kapitel aufzuschlagen – für die Bundesbank, aber auch für mich persönlich.“ Mehr verrät er den Mitarbeitern nicht über seine Gründe für den Rückzug. Nur noch so viel lässt er noch wissen: „Bleiben Sie eine hörbare Stimme der Vernunft in den öffentlichen Diskussionen und bewahren Sie das wichtige stabilitätspolitische Erbe der Bundesbank, das diese Institution so einzigartig macht. Gleichzeitig hoffe ich, dass Sie mir gewogen bleiben und versuchen, meine Entscheidung zu verstehen.“
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Tuesday, October 19. 2021
„Ich habe drei Jahre Opposition schon gemacht, von 2002 bis 2005. Es gibt übrigens nicht mehr so viele Kolleginnen und Kollegen in der Unionsfraktion, die das schon erlebt haben, Opposition.“
Jens Spahn gestern Abend in der Gesprächsrunde ‘Hauptstadt Spezial’ auf der Pioneer One
Monday, October 18. 2021
Um diese Frage zu beantworten, haben sich die drei Partner der gewünschten Koalitionsregierung (SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP) auf ein gemeinsames zwölfseitiges Abschlusspapier ihrer Sondierungsgespräche geeinigt. Wir haben es uns für Sie angeschaut und wollen die aus unserer Sicht wesentlichsten Punkte nachfolgend analysieren.
„Wir sind eine Konstellation, die drei Parteien mit unterschiedlichen Traditionen und unterschiedlichen Sichtweisen zu einem innovativen Bündnis zusammenbringen kann. Wir können einen Beitrag leisten, politische Frontstellungen aufzuweichen und neue politische Kreativität zu entfachen. So schaffen wir einen neuen gesellschaftlichen Aufbruch auf Höhe der Zeit.“ So beschreiben sich die Sieger der Bundestagswahl im zweiten Absatz des Sondierungspapiers selbst. Das klingt gut, aber halten die folgenden zwölf Seiten, was die Parteien versprechen? Es kommt, wie eigentlich immer, auf den Standpunkt an. Die Sondierer selbst haben ihr Papier in zehn Themenbereiche gegliedert, die wir daher im Folgenden ebenfalls zugrundelegen.
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Friday, October 15. 2021
Ein Beitrag von Peter Vogt
Arbeitgeber, die aufgrund staatlicher Anordnung eines Corona-Lockdowns zur Schließung ihres Betriebes gezwungen sind, müssen Minijobbern nicht den Lohn weiterzahlen. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden (Urteil v.13.10.2021, Az. 5 AZR 211/21). Grundsätzlich trägt zwar der Arbeitgeber das Betriebsrisiko und ist dafür verantwortlich, seinen Beschäftigten Arbeitsplatz und Arbeit zur Verfügung zu stellen. Kann er dies – aus welchen Gründen auch immer – nicht, muss er grundsätzlich den vereinbarten Lohn weiterzahlen. In seiner aktuellen Entscheidung haben die Erfurter Richter nun aber entschieden, dass es davon eine Ausnahme gibt. Werden landes- bzw. bundesweit Schließungsanordnungen zur Reduzierung der sozialen Kontakte verhängt, auf die der Arbeitgeber keinen Einfluss hat, trägt nicht mehr der Arbeitgeber das Betriebsrisiko. In einem solchen Fall, so die Richter, realisiere sich „nicht ein in einem bestimmten Betrieb angelegtes Betriebsrisiko“.
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Wednesday, October 13. 2021
Der Flughafen Berlin Brandenburg (BER) hat nicht nur eine skandalöse Entstehungsgeschichte, über die wir zahlreiche Beiträge in den vergangenen zehn Jahren verfasst haben, die Skandale setzen sich unverändert fort. Nun ist der BER nicht der einzige Flughafen in Deutschland, der mit Problemen bei der Abfertigung der Passagiere und der Aushändigung ihres Gepäcks zu kämpfen hätte. Sparen am falschen Ende und unterschiedlichste Zuständigkeiten für die Abwicklung der Flüge sind ein Merkmal der Branche. Das dürften die meisten schon am eigenen Leib erfahren haben. Allerdings waren die Zustände am BER am vergangenen Wochenende schon speziell. Die Lufthansa etwa, empfahl ihren Kunden zwischenzeitlich, vier Stunden vor Abflug vor Ort zu sein! Das muss insofern verwundern, als sich der Aufsichtsrat des BER am 24. September von der Geschäftsleitung „über die aktuelle Situation am BER“ unterrichten ließ. In der offiziellen Pressemitteilung wurde der Inhalt dieser Unterrichtung so wiedergegeben:
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