Montag, 16. August 2021

Der "digitale Euro" – Geld der Zukunft?

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Durch die Geschichte des Geldes ziehen sich zahlreiche Kontroversen, was Geld ausmacht. Es zeigen sich Aufstieg und Untergang von Medien, die als Geld verwendet wurden. Wird auch der digitale Euro seinen Platz in der Geschichte des Geldes finden?

Zwar ist seine Einführung nicht final beschlossen, doch für das Projekt zeichnen sich großes Interesse und inzwischen die Konturen ab. Die EZB ist eine von mehreren Zentralbanken, die sich mit den Voraussetzungen, der konkreten Ausgestaltung und möglichen Wirkungen auseinandergesetzt hat. Letztlich sind entsprechende Überlegungen durch das Aufkommen von Kryptowährungen sowie die Zunahme von online-Zahlungen ausgelöst worden. Wie das Bargeld soll der digitale Euro Zentralbankgeld sein und virtuell für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs zur Verfügung stehen. Anders als Giralgeld enthält er eine Forderung direkt an die Zentralbank. Anders als bei der Nutzung der Zahlungs-Services privater Anbieter bleiben die persönlichen Daten im "Euro-System".

Einige grundlegende Festlegungen entscheiden darüber, in welche monetäre Architektur er eingebunden wird und welche Entwicklungssequenzen in der Zukunft möglich sind. Diese Festlegungen betreffen vor allem die Rolle der Banken bei der Ausgabe und der Verwendung des digitalen Euro, ob es eine Obergrenze gibt, ob der Annahmezwang verhängt wird, ob eine Verzinsung möglich ist, ob die Möglichkeiten der Blockchain-Technologie genutzt werden oder ob es bei kontogebundenen Forderungen bleibt, ob programmierbare Zahlungen organisiert werden und ob bzw. wie Zahlungen möglich sind, die das System überschreiten sollen.

Die EZB begründet die Notwendigkeit eines digitalen Äquivalents zum Euro-Bargeld in ihrem "Report on a digital euro" vom Oktober 2020 mit mehreren denkbaren Szenarien. Zu diesen zählen die fortschreitende Digitalisierung als Rahmen für das monetäre System, der Wunsch "nach europäischer Souveränität bei strategischen Infrastrukturen" bei einer starken ausländischen Konkurrenz, der weitere Rückgang der Bargeldnutzung, die Konkurrenz durch (digitales) ausländisches Geld im Euroraum, geldpolitische Notwendigkeiten, die Behinderung des Zahlungsverkehrs durch Katastrophen aller Art, eine Zunahme der internationalen Bedeutung des Euro sowie die stärkere Berücksichtigung ökologischer Aspekte durch das monetäre System.

Jede Zeit hat ihr Geld. Immer spiegelt es die realwirtschaftlichen, technologischen, politischen und sozialen Gegebenheiten. Dies spricht heute zweifellos für digitales Geld, wenngleich nicht zwingend für ein digitales Zentralbankgeld. Dennoch tun die Zentralbanken gut daran, sich darauf vorzubereiten, dass zusätzliche Akteure und zusätzliche Medien, sie in einem intensiven Wettbewerb herausfordern werden. Die damit verbundene Substitution von Zahlungsmitteln ist nicht ohne Risiken für den Zahlungsverkehr, die Banken, die Stabilität des Finanzsystems und die Geldpolitik. Was dies für das Geld der Zukunft sowie die Perspektiven des digitalen Euro bedeutet, hängt von seiner konkreten Ausgestaltung und den damit verbundenen Anreizen für das Verhalten der Geldverwender ab.

Prof. Dr. Theresia Theurl ist Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Genossenschaftswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

Gastkommentar


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