Mittwoch, 21. Juli 2021

Finanzverwaltung erklärt Nutzung eines Feuerwehr-Kommandowagens teilweise zur steuerpflichtigen Privatnutzung

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Gerade reden landauf, landab Minister und Ministerpräsidenten wieder von einer unbürokratischen und schnellen Hilfe zum Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe. Was davon zu halten ist, wird sich zeigen. Auf einem andern Gebiet liegt die Antwort schon vor, beim Gesetzesvollzug steuerlicher Bestimmungen. Gerne reden verantwortliche Politiker auch hier davon, der Gesetzesvollzug solle gegenüber dem Bürger moderat erfolgen. Wie das dann an der Basis umgesetzt wird, hat eindrucksvoll die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung bewiesen.

Eine Gemeinde stellte ihrem ehrenamtlichen Wehrführer einen „Kommandowagen“ zur Verfügung, damit er ständig direkt und mit Sondersignal zu Einsätzen fahren kann. Der Wagen war feuerwehrtypisch lackiert, hatte den Schriftzug „Feuerwehr“ auf beiden Seiten und ein Blaulicht auf dem Dach. Das Finanzamt wollte einen Privatanteil versteuern. Schon das Finanzgericht Köln verneinte das Vorliegen eines steuerpflichtigen geldwerten Vorteils. Damit mochte sich die Finanzverwaltung jedoch nicht zu zufriedengeben und zog vor das höchste deutsche Finanzgericht, den Bundesfinanzhof (BFH).

Doch auch dieser stellte sich auf die Seite des Wehrführers und verneinte eine steuerpflichtige Privatnutzung. Die Revision des Finanzamts in diesem Falle zeigt einmal mehr, dass die Verwaltung nicht immer mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl vorgeht. Politiker werden nicht müde, das private Engagement und das Ehrenamt zu loben. Zu dessen Förderung wurde jüngst sogar eine Stiftung des Bundes eingerichtet. Sobald eine Feuerwehr ein neues Dienstfahrzeug erhält, drängen sich Abgeordnete, Landräte und Bürgermeister auf dem Pressefoto für die regionalen Zeitungen und halten Sonntagsreden.

Geht es jedoch darum, das außerordentliche Engagement eines ehrenamtlichen Wehrführers steuerlich zu beurteilen, der rund um die Uhr für Einsätze zur Verfügung steht, gelten für die Finanzämter offensichtlich andere Grundsätze. Selbst mit einer eindeutigen Entscheidung des Finanzgerichts gab sich die Verwaltung nicht zufrieden. Die überschaubare steuerliche Auswirkung des strittigen Sachverhalts vermittelt zudem den Eindruck, dass hier mit ‘Kanonen auf Spatzen’ geschossen wird. Während Politik und Verwaltung bei internationalen Umsatzsteuerkarussellen und Cum-Ex-Geschäften jahrelang hilflos zuschauten und geschwiegen haben, wurde hier ein Fall mit geringer steuerliche Auswirkung bis vor den BFH gebracht. Die Finanzminister sollten ihren Verwaltungen, insbesondere den Prüfern, einmal Nachhilfeunterricht im Fach ‘moderater Gesetzesvollzug’ geben. Oder sie sollten nicht das Gegenteil in öffentlichen Reden bekunden.

Steuerberater Günter J. Stolz ist Chefredakteur des ‘markt intern’-Informationsbriefes steuerberater intern


Verfasst von: Günter J. Stolz | Kommentare (0)

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